Ein römischer Gutshof im Hürst wurde bis heute noch nicht gefunden. Dennoch gibt es mehrere Hinweise dafür. Zum einen hat der bekannte Römerforscher Walter Drack stets darauf bestanden, dass nach seinem Verständnis der Römer in Seebach ein Gutshof gelegen haben müsse. Wenn eine Kapazität vom Kaliber eines Walter Drack dies so vehement betont, dann dürfte an seiner Vermutung etwas dran sein.
Als möglichen Standort kämen dabei zwei Stellen in Frage: Zum einen der mutmassliche, ehemalige Keltenhof im Gebiet der Stoffelstrasse, welcher zur Keltenzeit eindeutig ein grösseres, palisadenbewehrtes Gehöft mit mehreren Häusern war. Er lag fast an der späteren Römerstrasse von Zürich nach Kloten und dürfte nach dem Ausbau des Keltenwegs zur Römerstrasse eher eine Not-Pferdewechselstelle (mutatio) geworden sein. Inwieweit das Gehöft weiterhin als Gutshof wirkte, ist unerforscht. Seine Existenz wird aber durch die als «Burg» im Seebacher Bewusstsein wach gebliebene römische Baute auf dem Bühl zwar nur vage, aber doch immerhin indirekt bezeugt.
Die grosse Frage ist hier vielmehr: Könnte dieser mutmassliche Gutshof der von Walter Drack postulierte Gutshof der Römer gewesen sein oder gab es in Seebach noch einen anderen Standort? Zum Beispiel im Bereich des späteren Hürsthofs?
Im alten Flurnamengut Seebachs müsste, wie an anderen Orten, wo die Römer siedelten, etwas überlebt haben, was auf römische Präsenz hindeutet. Dabei kämen natürlich ausser rein römischen auch gallorömische Hinweise in Frage. In der allernächsten Nähe dieses mutmasslichen Standorts Hürst wären das folgende Auffälligkeiten:
1. Der Flurname Gugel, welcher auf lateinisch «cuculla» zurück gehen könnte, wohl in Anlehnung an die damalige Geländeform, welche an eine Kapuze erinnerte.
2. Ein weiterer Flurname, der in Frage käme, wäre das Krähenried. Dieser könnte durchaus eine Umdeutung der Alemannen sein und auf gallorömisch kre = Sumpf zurückgehen. Das Krähenried lag ganz nahe beim Gugel. Ein derart alter Flurname in dieser Gegend ergäbe nur einen Sinn, wenn es in der Gegend einen Gutshof gegeben hat.
3. Noch ein Flurname erweckt verdacht: Es ist die Rossweid. Sie könnte auf einen älteren Namen Roosweid zurückgehen, der als Weide bei einer Röösse verstanden werden kann. Röössen gab es aber nur in der unmittelbaren Nähe von Bauernhäusern. Das würde die Existenz eines Hofes im Hürst weiter festigen, wenngleich auch nicht direkt einen römischen, so doch einen möglichen allemannischen Nachfolgerhof.
4. Neben der Rossweid gibt es auch noch die Rosswiese, mit welcher der Verdacht unter Punkt 3 gleich verdoppelt wird.
5. Der Sägetenbach könnte hier, wie das im Idiotikon und von Emil Spillmann vermutet wird, auf römisch «saigata» oder «saicada» zurückgehen.
6. Der Flurname Tolacher enthält den Begriff «tol» welcher keltisch oder gallorömischer Abkunft sein könnte. Dort bedeutet es Vertiefung, ähnlich wie im Deutschen. Es kann fast kein Zufall mehr sein, dass genau in dieser Gegend sich die möglicherweise besonders alten Flurnamen derart häufen.
7. Der Flurname Vardzigen ist ebenfalls hier lokalisiert und könnte einen keltischen oder gallorömischen Ursprung haben. Ernst Benninger konnte trotz langer Forschung diesen Flurnamen nicht germanisch deuten. Fard war nämlich der alte keltische Name für eine Furt, mit welcher die eindeutig germanisch inspirierte Steinenfurt gemeint sein könnte.
8. Die Steinenfurt ist heute von der Bedeutung her leicht zu erklären, nicht aber vom Sinn. Wozu sollte eine Furt an dieser Stelle nötig gewesen sein? Ein ehemaliger römischer Gutshof und allenfalls ein Nachfolgehof gäben der Steinenfurt einen Sinn.
9. Die Egg klingt zwar völlig germanisch, doch könnte sie den Namen von den Gallorömern bekommen haben, bei denen es das Wort «aigh» gab, welches Anhöhe bedeutet, was mit der germanischen Erklärung praktisch übereinstimmt, aber ebenso gut keltische Wurzeln haben könnte und so einen weiteren Hinweis auf einen möglichen römischen Gutshof liefert.
10. Dass ausgerechnet hier schon seit 1830 ein einzelner Bauernbetrieb besteht (Hürsthof) könnte die Vermutung weiter stützen, aber natürlich nicht beweisen. Immerhin wäre es interessant, das Gelände auf römische Überreste zu untersuchen. Zum Beispiel mit Hilfe der Luftbild-Archäologie. Selbst mehrere Meter überdeckte Ruinen lassen sich unter geeigneten Bedingungen ausmachen. Dies könnte zumindest klären, ob der mutmassliche Hürsthof der Römer eine Steinbaute war. Eine Kontrolle mit Google Map im Januar 2009 ergab allerdings keinerlei verdächtige Hinweise ausserhalb der noch bestehenden Bauten.
11. Ein weiterer, wenn auch sehr vager Hinweis ist der im Urkundenbuch Zürich für das Jahr 1295 erwähnte Bertholdus Chamb, dessen mutmassliche Nachfolger (FMU 1420) und (FMR 1519) durch die Flur Kamblis Acker nachgewiesen sind, im Gebiet Wolfwinkel Land besassen, also weitab von Seebach. Es könnte somit sein, dass die Kamblis einen Hof betrieben, welcher als Vorläufer des späteren Hürsthofes angesehen werden kann.
12. Der Flurname Kleefeld ganz in der Nähe könnte auch althochdeutsch gedeutete werden und dann auf *hlewfelt zurück geführt werden, mit der Bedeutung «Feld mit einem Grabhügel».
Eine derartige Häufung von möglichen Hinweisen bei den Flurnamen auf vorgeschichtliche Zeit erlaubt durchaus die Vermutung, dass es hier einen römischen Gutshof gegeben haben könnte. Er würde auf einfache Weise diese Häufung plausibel erklären.
Wenn all diese Flurnamen tatsächlich so alt sein sollten, dann könnte hier ein Gutshof vermutet werden.