Der Betrieb des Trams von Zürich nach Seebach war ein Dauerthema und führte immer wieder zu Interventionen. Bis 1931 siehe unter ZOS! Aber auch bei den StStZ gab es Probleme. Diese gipfelten am 14.1.1946 in einer vom Quartierverein Seebach (QVS) durchgeführten Protestversammlung im Landhus (Siehe Chronik VVS), wobei es um die schlechte Verbindung von Ã?rlikon nach Seebach ging. Der QVS kämpfte 1955 immer noch für bessere Tramverbindungen nach Seebach. Damals war es noch üblich, dass oftmals jeder 2. 14er-Tramzug vorzeitig gewendet wurde und die Fahrgäste so auf den nächsten warten mussten. Das geschah allerdings nur dann, wenn ein Tramzug verspätet war. Das wiederum war aber immer dann der Fall, wenn die Seebacher Feierabend hatten.
Für den Fahrgast bedeutete das fast jeden Tag den gleichen Ã?rger, während die VBZ den Standpunkt vertraten, es käme nur wenige Male pro Tag vor. Dieses vorzeitige Wenden erfolgte in Ã?rlikon. Wenn es regnete, war das gar nicht lustig. Schlaumeier achteten deshalb schon im Bahnhofquai, was vorne am Tram für ein Ziel angegeben war und warteten lieber noch ein paar Minuten auf jenen Tramzug, welcher mit Seebach angeschrieben war. Das hatte nämlich viele Vorteile: Erstens konnte man im Bahnhofquai seit 1952 im Trockenen warten und zweitens erwischte man noch einen Stehplatz. In Ã?rlikon war der 14er so randvoll, dass oftmals nicht alle Fahrgäste Platz fanden. Diese mussten dann gleich zwei weitere Züge abwarten ehe sie eine neue Gelegenheit bekamen einzusteigen. Das winzige gedeckte Wartehäuschen an der Querstrasse war in solchen Fällen bumsvoll.
Manchen Fahrgästen wurde das zu blöde und sie gingen zu Fuss nach Seebach, das war oftmals schneller und wurde von mir mehrfach angewendet. Obwohl der QVS schon 1946 und 1955 intervenierte, brauchte die VBZ noch viele weitere Jahre, bis sie diese Unsitte ganz abschaffte. Trotz dem Versprechen der VBZ Ende 1955, in Ã?rlikon einen Kontrolleur einzusetzen, der unberechtigtes Wenden verhindern sollte, wurden die Trams weiterhin und speziell in den Abendstunden vorzeitig gewendet, aus schlichter Notwendigkeit. Das Problem konnte von einem Kontrolleur gar nicht gelöst werden, denn es lag an den Staus, welche durch den Feierabendverkehr verursacht wurden und an der sehr mangelhaften Priorität, welche die Trams damals genossen. Das vorzeitige Wenden war die einzige Möglichkeit für die Trams, den Rückstand wieder aufzuholen, sonst wäre das lange Warten auch auf die Gegenrichtung übertragen worden.
Auch Polizisten an Kreuzungen liessen die Trams einfach warten. Ein wenig Entspannung brachte die Weisung der VBZ, dass die 14er nur dann vorzeitig gewendet werden durften, wenn der Nachfolgezug aufgeschlossen hatte. Im November 1959 ruft der QVS die Fahrgäste erneut auf, solche Vorkommnisse zu melden, da weiterhin das bekannte Lied beklagt wurde. Das kann man einem ziemlich geharnischten Artikel in den Seebacher Nachrichten Nr. 6/1959 entnehmen. Auch ich kannte dies aus persönlicher Erfahrung, denn ich war selber Betroffener bis im Sommer 1964! Auch 1965 sind die vorzeitigen Wendemanöver des 14ers in Ã?rlikon immer noch ein Thema. Für die Seebacher haben die Schikanen also 67 Jahre gedauert, wenn man diejenigen der ZOS auch noch dazu rechnet!
Es ist noch anzumerken, dass die Kondukteure da ganz unschuldig waren und die Wagenführer die Instruktionen zu befolgen hatten. Es lag letztlich schon an der damaligen Geschäftsleitung, welche es nicht schaffte, bei der Polizei darauf hinzuwirken, dem Tram den Vorrang zu geben, den es für einen pünktlichen Betrieb brauchte. Da waren die Verkehrsbetrieb aber auf verlorenem Posten, denn das war in einer Zeit, als das Auto als schick galt und eine gewissw Priorität genoss. Die Verkehrsbetriebe der Stadt Bern haben diese Fehlentwicklung vielleicht nicht früher bemerkt, jedoch früher bekämpft und eine Lösung gefunden, welche dann in Zürich auch eingeführt wurde: Busse und Trams können heute die Ampeln beeinflussen.
Heute darf Seebach aber sehr zufrieden sein mit dem Service. Ab etwa 1960 hat sich dieser markant verbessert und heute haben wir eine zuverlässige Tramverbindung in die Stadt. Auch das Rollmaterial darf sich sehen lassen. Das Tram 2000 ist schnell und stets pünktlich. Das Personal freundlich und hilfsbereit. Und das Radquietschen an der Tramendstation ist fast verschwunden. Kamen neue Tramkompositionen zur Ablieferung, wurden sie fast ohne Ausnahme zuerst auf der Linie 14 eingesetzt. Was will man mehr? Und seit Dezember 2010 kann man von der Tramendstation Seebach entlang dem Katzenbach zu Fuss zur neuen Tramhaltestelle Glattpark (Ambassador) gehen und mit der Linie 11 direkt ins Einkaufszentrum Glatt fahren! Ohne Umsteigen! Was dann noch irgendwie fehlt, wäre eine Verbindung von der Station Glattpark zur Tramendstation.
Quellen: - Chronik VVS - Seebacher Nachrichten November 1955, Januar 1956, Juni 1959