Im Jahre 1957 war es in Seebach noch üblich, dass grössere Buben sich einen Drachen bauten und ihn im Herbst, wenn es oft genug Wind gab, in den Himmel steigen liessen. Das war auch der Fall bei der Klasse von Lehrer Herbert Hartmann, wo einige Buben, deren Namen heute nicht mehr gesichert sind, zusammen einen Drachen bauten und als dieser anständig flog, mit zur Schule nahmen, wo sie ihn eine Viertelstunde vor Schulbeginn auf der Sportwiese unterhalb des Pausenplatzes des Schulhauses Buhnrain aufsteigen liessen. Binnen weniger Minuten waren die etwa 50 Meter Schnur vom rot strahlenden Drachen aufgebraucht und er positionierte sich etwa über der Bundeslinde. Als es zur Schule läutete, banden die Buben das Ende der Schnur bei der Pausenplatzhecke an einen Ast und begaben sich auf das Schulzimmer.
Als der Lehrer mit dem Unterricht begann, schauten die Buben immer wieder aus dem Fenster, bis Lehrer Herbert Hartmann fragte, was denn der Grund ihrer Unaufmerksamkeit sei. Einer erklärte dem Lehrer nun, dass er seinen Drachen auf dem Pausenplatz selbständig fliegen lasse. Nun begab sich Lehrer Hartmann selber ans Fenster und sah tatsächlich den Drachen. Dann meinte er: "Wenn das nur gut geht!" Bald danach ertönte ein Aufschrei der Buben. Alle schauten nun zum Fenster und sahen den roten Drachen abstürzen. Schlagartig standen alle Buben der Drachenklique auf und verliessen eiligst das Schulzimmer, um nach dem Drachen zu schauen.
Nur noch die Mädchen und ganz wenige unbeteiligte Buben blieben im Klassenzimmer, wo der Lehrer vergeblich versuchte, den Schulbetrieb wieder aufzunehmen. Das war aber längere Zeit nicht möglich, weil die verbliebenen Schüler immer wieder zum Fenster schauten oder gar aufstanden, um zu sehen, wo denn die Buben so lange blieben. Doch so sehr sich auch bemühten, sie sahen die fehlenden Schüler erst wieder in der nächsten Pause.
Die Erklärung ist verblüffend: Der Besitzer des Drachens hat nämlich meinen kleineren Bruder beauftragt, etwa 10 Minuten nach Schulbeginn den Drachen los zu binden, um eine Ausrede zu haben, das Schulzimmer verlassen zu können. Dem guten Lehrer haben sie in der folgenden Stunde dann erzählt, dass sie den Drachen so lange suchen mussten. In Wirklichkeit landete er bei der Buhnrain-Turnhalle und die ganze Zeit bis zur folgenden Pause begaben sie sich ins Schulwäldchen und lachten sich Schöllen in den Bauch.