Primarlehrer, damals noch Schulmeister für die Alltags- und Repetierschule genannt. Auch Singlehrer. Geburts- und Todesdatum nicht bekannt. Sein Geburtsdatum kann aber abgeschätzt mit 1815 angenommen werden. Er erteilte Schule im alten Schulzimmer am Buhnrain 5 und zwar ab September 1840 bis Frühjahr 1843. Das war in einer Zeit, als eigentlich mit dem neuen Unterrichtsgesetz vom 28. Setember 1832 die Schule nicht mehr kirchlich, sondern weltlich war. Doch verstanden es konservativ-reaktionäre Kräfte, die damit verbundenen Vorteile für die Schüler Schritt für Schritt wieder zu verwässern. Zwar blieb die Schule weltlich, wurde beim Unterricht aber wieder kirchenlastiger. Dies war damals ein Jahrzehnte langer Kampf zwischen den Liberalen und den Konservativen. Nur im Wissen um diesen Hintergrund ist das Seebacher Schicksal des Jakob Hintermeisters etwas besser zu verstehen.
Als im Frühsommer 1840 der bisherige Schulmeister Hans Jakob Wettstein im Dienst verstarb, musste in aller Eile ein neuer Schulmeister berufen werden. Dabei erinnerte man sich natürlich an den mit einem Stipendium ans Lehrerseminar in Küsnacht entsandten Seebacher Felix Lehmann, welcher nach der einjährigen Ausbildung in Seebach nicht beschäftigt werden konnte, weil der Gemeinde schlicht die finanziellen Mittel fehlten, um eine zweite Lehrerstelle zu besetzen, wie das von der Erziehungsdirektion seit 1833 gefordert wurde. Felix Lehmann fand aber im nahe gelegenen Ã?rlikon eine Stelle und wäre für Seebach rasch verfügbar gewesen. Am 30. August 1840 wurde die Schulgemeindeversammlung einberufen, um über die Berufung eines neuen Lehrers zu entscheiden. Die Versammlung hatte dabei die Wahl zwischen dem von den Radikalen favorisierten Felix Lehmann und dem von den Konservativen portierten Jakob Hintermeister aus Dietlikon.
Da die Machtverhältnisse im einfachen, noch stark bäuerlich geprägten Seebach nicht mit jenen in der Schulpflege übereinstimmten, wurde nicht der Seebacher Felix Lehmann, sondern der aus Dietlikon stammende Jakob Hintermeister gewählt. Einige radikale Seebacher Kirchenpfleger erhoben daraufhin Einspruch gegen den Entscheid und verlangten dessen Kassation. Als Grund wurde angegeben, dass ein konkursiter Bürger an der Wahl teilgenommen habe, was damals nicht zulässig war. Der Einspruch wurde aber abgewiesen und so kam Jakob Hintermeister zu seiner Lehrerstelle in Seebach.
Jakob Hintermeister war noch ein junger und auch ein sehr streitbarer Mann, wenn es ihm ans Lebendige ging. Seine überdurchschnittliche Gereiztheit wird allerdings durchaus verständlich, wenn man liest, dass er 130 (!) Alltagsschüler nebst etwa 40 Repetier- und weitere rund 25 Singschüler zu unterrichten hatte, natürlich nicht gleichzeitig, aber stets nacheinander. Die 130 Alltagsschüler teilten sich dabei ein Schulzimmer von etwa 45 m² (!) Bruttofläche. Nur dank dem Umstand, dass immer ein paar Schüler fehlten, fanden alle hinter den Schulbänken Platz. Der Schulunterricht in der Alltagsschule dauerte im Sommer 20 Stunden und im Winter 33 Stunden pro Woche. Dazu kamen die Repetierschüler mit ebenfalls einer stattlichen Anzahl Stunden pro Woche und zu guter Letzt noch die Singschüler am Sonntag Morgen in der Kirche. Damit war der Schulmeister an sieben Tagen die Woche mit bis zu 60 Stunden Unterricht, mit Verlaub gesagt, recht gut ausgelastet.
Darüber hinaus hatte der noch relativ junge Lehrer von Anfang an viel Ã?rger und gehässige Streitigkeiten mit der Schulpflege zu erdulden, da deren radikalen Vertreter jede kleine Ursache wahrnahmen, um den Lehrer zu schikanieren. Eine ganz frühe Ursache dafür war, dass die in der Schulpflege die Mehrheit innehabenden Radikalen dank ihren Beziehungen dafür sorgten, dass die Gemeinde mit der Zahlung des Lehrerlohnes stets tüchtig im Rückstand war. Es war von neun Monaten die Rede! Darauf beklagte sich Jakob Hintermeister bei der Bezirkschulpflege, welche ihm riet, seinen Lohn rechtlich bei der Gemeinde einzufordern. Das brachte das Fass bei der Schulpflege zum Ã?berlaufen. In einem äusserst geharnischten Schreiben an die Bezirksschulpflege wurde dem guten Manne vorgeworfen, dass er nur über mangelhafte Schulmeisterkenntnisse verfüge und sein Verhalten äusserst unmanierlich sei. So habe er, ohne die Schulpflege zu fragen, sich erlaubt, die Schulbänke anders anzuordnen und zudem stünde er mit der Tochter seines Zimmervermieters in einem trauten Verhältnis. Insbesondere Letzteres, so meinten die Schulpfleger, wäre ein ganz besonders verwerfliches und strafbares Verhalten.
Die Bezirksschulpflege fällte darauf ein recht ausgeglichenes Urteil:
Erstens erhielt die Schulpflege einen Verweis wegen des äusserst leidenschaftlichen und unanständigen Tones in ihrem Schreiben.
Zweitens wurde Lehrer Hintermeister angewiesen, die Schulbänke wieder in der alten Ordnung aufzustellen, verbunden mit dem Hinweis, dass er nicht berechtigt sei, die Schulbänke ohne Befragung der Schulpflege umzustellen.
Drittens wurde die Klage wegen des Verhältnisses des Lehrers zur Tochter seines Kostgebers abgewiesen mit der Begründung, dass die Schulpflege zuerst die ihr diesbezüglich zur Verfügung stehenden Machtmittel zur Anwendung bringen müsse.
Zu einer neuen Zuspitzung des Zwistes zwischen der Schulpflege und dem Lehrer kam es dann am 10. April 1842. Die Schulpflege hatte ohne Rücksprache mit dem Lehrer beschlossen, auf den kommenden Sonntag ein öffentliches Singexamen aller Schulabteilungen durchzuführen. Natürlich protestierte der Lehrer sofort dagegen, da er nicht mehr genügend Zeit habe, mit den Schülern die Gesänge einzuüben. Zudem werde er sich am 9. April verheiraten und gedenke, am Sonntag den 10. April 1840, seinem ersten Ferientag, die Hochzeitsreise anzutreten. Die Schulpflege liess ihm daraufhin ausrichten, dass seine Einwände völlig unbegründet seien und blieb stur bei ihrem Beschluss, das Singexamen am Sonntag Nachmittag in der Kirche durchzuführen.
Als nun am Sonntag Nachmittag die ganze Schule und auch die Gemeinde in der Kirche versammelt war, verstummte das anfängliche Raunen und es wurde stiller und stiller in der Kirche bis die Stille langsam peinlich zu werden begann. Dann stieg Pfarrer Bliggensdorfer auf die Kanzel und erklärte, dass das Singexamen in der Kirche nicht abgehalten werden könne, da der Lehrer nicht erschienen und auch zu Hause nicht aufzufinden sei! Dabei hatte Jakob Hintermeister nur getan, was er tun musste, nämlich seine Braut zu heiraten und mit ihr in die Flitterwochen zu verreisen, wie es sich gehörte.
Dieses gravierende Vorkommnis, welches allerdings abzusehen war, von den Radikalen aber ganz bewusst herbei geführt wurde, war dann sicherlich nicht geeignet, die Stimmung zwischen Lehrer und Schulpflege in Watte und Minne zu kleiden. Dieses wird bald darauf auch durch die Erziehungsdirektion bestätigt, welche den Jahresbericht der Schulpflege zurück wies, da er all zu sehr von Leidenschaftlichkeit geprägt sei. Die Schulpflege wurde angewiesen, einen neuen Bericht zu verfassen. Auch die Bezirksschulpflege rügte die Seebacher Schulpflege, weil sie zwei Repetierschüler mit der Begründung: "Die Schüler übertreffen den Lehrer an Kenntnissen!" aus der Schulpflicht entlassen habe.
Letztendlich zog Jakob Hintermeister die einzig richtige Konsequenz und beendete seinen Schuldienst auf Ende des Schuljahres im April 1843. Ã?ber sein weiteres Schicksal, vor allem, wohin er zog, wieviele Kinder er und seine junge Frau bekamen und weiteres mehr sind in den Seebacher Unterlagen nirgends erwähnt. Da aber seine Schwiegereltern im Dorf wohnten und ein Haus besassen, müsste es schon Anknüpfpunkte geben. In den Kirchenbüchern wäre auch der Namen der Braut zu finden usw.
Im Brandassekuranz-Steuerverzeichnis findet sich für die Jahre 1892-1896 ein Hausbesitzer namens Adolf Hintermeister, welcher 1885 das Doppelhaus Neubühl erstellen liess. Er wohnte in der Liegenschaft Assek-Nr. 221. Ob dieser Adolf Hintermeister ein Sohn des vorgenannten Lehrers gewesen ist, bleibt offen. Einziger Verdacht bleibt der in Seebach ansonsten unbekannte Familienname.
Sein Nachfolger wurde dann der aus Embrach stammende Kaspar Weidmann, welcher anfänglich als Verweser amtete, bis er 1844 im ordentlichen Verfahren gewählt wurde.
Quellen: - «Unser Seebach», 1983, Seite 114 - Festschrift zur Einweihung des Schulhauses Buhnrain, 1934, Seiten 14-16 - OGS-eigene