OGS Seebach - Beitrag

Talgarten, Restaurant
Gastronomie – Restaurant – historisch
Das Restaurant Talgarten befand sich an der Schaffhauserstrasse 406, zuvor Zürichstrasse 4. Das Baujahr des Gebäudes ist 1893 und der Abbruch wird mit 1986 vermerkt. Es war das 2. Haus nach der Kreuzung mit der Binzmühlestrasse. Es befand sich auf der rechten Strassenseite von Örlikon in Richtung Tramendstation gesehen und trug in den Gemeindeplänen die alte Assek-Nr. 277, neu 517.

Kostgeberei Arturo Rubele

Bereits für 1905 ist in diesem Haus eine Kostgeberei erwähnt, geführt von Arturo Rubele, manchmal auch eingedeutscht A. Rubeli geschrieben. Das ist nachzulesen im Adressbuch von Seebach aus dem Jahr 1913 sowie in der Liste der Assekuranznummern.

Bei einer Kostgeberei hatte sich der Kostgänger verpflichtet, regelmässig dort zu essen. Dafür zahlte er dem Kostgeber einen festen Preis pro Woche oder pro Monat, was deutlich günstiger kam, als ins Restaurant zu gehen. Später nannte man solche Betriebe Kantine.

Kunden der früheren Kostgebereien waren meistens italienische Gastarbeiter, welche es schätzten, wenn der Kostgeber die gleiche Sprache sprach und italienisch kochen konnte. Die Kostgeber kochten natürlich italienisch und waren um 1940 herum so günstig, dass es sich sogar die etwas besser verdienenden Lehrlinge leisten konnten, dort auswärts zu essen. Auswärts zu essen galt damals für einen Lehrling als unerhört. Einer der Lehrlinge, welcher es sich leisten konnte, hier regelmässig zu essen, war der spätere Gärtnermeister Willy Freitag. Wie man also sieht, musste man kein italienischer Gastarbeiter sein, um Zugang zu den Kostgebereien zu haben, es war aber von Vorteil, wenn man etwas italienisch konnte, was bei Willy Freitag dank dem Umgang mit den italienischen Mitarbeitern im väterlichen Betrieb auch der Fall war.

Restaurant zur Italia

Diese Kostgeberei wurde irgendwann nach 1913 von Angelo Bertolaso-Orlandi übernommen und irgendwann später in Restaurant «zur Italia» umbenannt. Unter diesem Namen hat es sich nun zu einem Restaurant gewandelt und ist 1931 im Adressbuch aufgeführt. Der Zugang erfolgte über einen Seitenweg. In den 1930er Jahren gab es auch noch die beiden Küchengehilfen Giovanni und Giuseppe Bertolaso (1931). Rosa (1931), vermutlich eine Tochter von Angelo Bertolaso, besorgte den Service.

Ristorante San Marco

Angelo Bertolaso übergab sein Restaurant an einen Antonio Bertolaso weiter, vermutlich einer seiner Söhne und bald darauf, das genaue Jahr ist der OGS noch nicht bekannt, bekam das Restaurant den neuen Namen «San Marco».

Antonio Bertolaso wird in diversen Hinweisen für 1931, 1940, 1950, 1960 und sogar noch 1973 erwähnt, obwohl er damals nicht mehr der Wirt war. Die Bertolasos betrieben das Restaurant ziemlich lange.

Restaurant Talgarten

Noch vor 1948 wurde das «San Marco» in «Talgarten» umbenannt. Die genaue Jahreszahl ist noch nicht geklärt. 1948 ist der bisher älteste Beleg, den die OGS fand. Für 1950 findet sich im Adressbuch neben dem Eintrag des Hausbesitzers Bertolaso auch noch der Eintrag: Hermann Bodmer, Wirt. Die Namensänderung könnte also mit dem neuen Wirt zusammen hängen, der ganz offensichtlich ein Pächter war.

Zu den Bertolasos konnte die OGS die Geschichte noch nicht genauer ergründen. Das bisher Erwähnte fusst erst auf ein paar wenigen Adressbucheinträgen. Zumindest der genaue Generationenwechsel und vor allem die Daten des dreimaligen Namenwechsels müssen mithilfe von alten Adressbüchern noch sauber abgeklärt werden.

Restaurant TG

Ab 1. Juni 1966 bis 31. Mai 1981 übernahmen Ruth und Werner Kopeski, nachfolgend kurz Ruth und Werni genannt, den Talgarten. Dabei blieb vorerst ungeklärt, wie lange Hermann Bodmer Pächter des Restaurants war. Schon im Frühjahr 1966 haben die Kopeskis das Restaurant und die 4-Zimmer-Parterrewohnung in Pacht von Antonio Bertolaso übernommen. Im April und Mai ist auf Kosten des neuen Wirtepaares das Lokal in Tag- und Nachtschicht total umgebaut worden, zumal das alte Lokal auch nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Dabei wurde die 4-Zimmer-Parterrewohnung zum Restaurant geschlagen. Die Pläne erstellte Architekt Bruno Scherz, Weinbergstrasse, Zürich, ein Schulfreund von Werni. Es gab im Restaurant etwa 120 Plätze und eine Bühne für die Musiker. Das Inventar musste bis auf wenige Sachen gänzlich ersetzt werden. Am 1. Juni 1966 war Eröffnung im überfüllten neuen Talgarten, der nach nur wenigen Tagen von den Gästen auf TG umgetauft wurde. Man sagte: "Chunsch au in TG, det häts jetzt Musig". Der neue TG war fortan ein Konzert-Lokal.

Wernis Serviertöchter waren alle gelernte Saaltöchter aus Deutschland und sie blieben viele Jahre lang. Er wählte sie nach ihren Mentalitäten aus, die zusammen passen mussten. Sie hiessen anfänglich Friedl Zürcher, Renate Vogelsanger und Marlies (Nachname nicht mehr bekannt). Die Auswahlkriterien von Werni haben sich sehr gut bewährt, denn den ersten Wechsel gab es erst nach sieben Jahren und zwar wegen Heirat von Marlies mit einem Gast sowie aus gesundheitlichen Gründen. An ihre Stelle trat dann Doris Meierhofer. Als Renate Vogelsanger ein Jahr später ausschied, kam Helen (Nachname ebenfalls nicht mehr bekannt), welche zuvor im «Kindli» arbeitete. Auch in dieser Formation harmonierte das Trio beispielhaft. Friedl Zürcher musste dann aus privaten Gründen eine Zeitlang aussetzen. An ihre Stelle trat dann Esther Spitzmüller, welche später durch Heirat zu Esther Baumann wurde. Friedl half später wieder am Büffet und gelegentlich auch als Aushilfe im Service, als 1976 der Talgarten auf Ganztages-Service umstellte. Nach dem Ausscheiden von Helen um 1973 kam die beliebte Hilde Jungen vom Restaurant Felsenberg. Sie blieb bis zum Ende des Talgartens. All diesen fleissigen und grossartigen Serviertöchtern sein ein spätes aber herzliches Dankeschön von Werner Kopeski ausgesprochen. Er ist überzeugt, dass sie alle diese schöne Zeit in bester Erinnerung bewahren werden.

In den ersten Tagen spielte täglich das Trio Gentinetta mit Werni an der Klarinette, am Bass und mit Gesang. Schon ab dem 1. Donnerstag gab es über viele Jahre den legendären Ländlerabig, damals das einzige Lokal in Zürich mit Ländlermusik. Es spielten fast alle berühmten und bekannten Kapellen jener Zeit wie: Heirassa, Edy Bär, René Wicky, Jost Rybary, Bucheli-Delatorre, Peter Zinsli, Huuser Buebe, Näf Häusermann und und ... Wisel Gyr war natürlich Stammgast. Alle 15 Sylvester-Abende waren jeweils der Höhepunkt des Jahres und schon weit im voraus ausgebucht. Im Preis für das Sylvester-Menu war alles bis morgens um 6 Uhr inbegriffen. Nach 22 Uhr wurde alles noch Verfügbare in der Küche aufgebaut. Die Gäste konnten sich dann bedienen bis zum Umfallen. Der dadurch frei gewordene Platz wurde danach zum Tanzen benützt.

Das Restaurant wurde anfänglich erst ab 16.30 Uhr geöffnet, Musik täglich von 20 bis 24 Uhr. "Jeden Tag eine Bombestimmung!" war nicht nur ein Werbespruch, er traf auch voll zu. Es gab nur eine kleine Speisekarte: Bündnerfleisch, Speck, Rauchschinken, Zigeunersalat, Salatteller und die bald stadtbekannten Filets und Entrecôtes vom Grill mit Kräuterbutter, persönlich zubereitet von Werni. Dank dem von der Strasse her kaum erkennbaren grossen Anbau hinter dem Haus gab es Platz für bis zu 115 Gäste. Die Duo's und Trio's wurden fast ausnamslos von Werni ausgesucht, es sei denn, die Musiker hatten einen Vertrag mit einem Agenten. Auch die Ländler-Kapellen holte er persönlich in den TG.

Ruth war nach Beendigung der Wirtefachschule in Romanshorn, ab 1. September 1966 unermüdlich hinter der Theke am Ausschank und wenn nötig auch in der Küche. Sie hat während vielen Jahren hart gearbeitet und entscheidend zum Erfolg des TG beigetragen. Die ersten drei Monate hatte die bekannte Wirtin vom Restaurant Trübli an der Zeughausstrasse, Yvonne Bachmann, die Frau des legendären Harry Bachmann (Max und Moritz) und Wirt vom «Du Théatre» im Seefeld, das Patent zur Verfügung gestellt und kräftig mitgeholfen. Anfangs der 1970er Jahre hat die Stadt Zürich die Liegenschaft des TG und die daneben stehenden gleich alten Häuser aus dem Jahre 1893 gekauft. Die Bertolasos und Brunoris sind weggezogen. Die freigewordenen 4-Zimmer-Wohnungen wurden von den Wirtsleuten übernommen. Viel im TG mitgearbeitet hat auch Wernis Schwiegermutter. Er hat sie sehr gemocht und geschätzt. Sie wurde von den Stammgästen ganz einfach «Mutti» genannt.

Im Jahre 1976, gleich nach dem 10-Jahres-Jubiläum, gab es eine grosse Änderung. Das Musiklokal wurde zum Tagesrestaurant mit Mittagessen. Grund war die über 1 1/2 Jahre dauernde Baustelle vor dem TG.
Die VBZ baute bis Seebach neue Tramgleise ein. Der Zugang zum Restaurant war sehr erschwert, die vier Parkplätze nicht mehr benützbar. Die Gäste blieben am Abend wegen dem schlechten Zugang immer mehr aus, die Musik rentierte nicht mehr. Statt um 16.30 Uhr wurde nun um 9.00 Uhr geöffnet. Dafür warteten jetzt die Arbeiter von der Baustelle sehnsüchtig auf Ihren "Znüni" und den "Kafi Lutz".

Die Mittagessen, von Werni und einer Köchin zubereitet, wurden schnell bekannt und es gingen täglich so um 50 bis 70 Mittagessen über die Theke. Wenn das Wetter mitspielte, wurde auch der Garten mit etwa 60 Plätzen geöffnet. Es hätten in dem Riesengarten mit fünf grossen Kastanienbäumen mehr als 200 Personen Platz gehabt, doch das Risiko mit Wetter und Personal war zu gross. Es gab immer wieder Spezialabende mit Musik und zahlreiche Firmenessen, die grossen Anklang fanden.

Am 31. Mai 1981 war Schluss. Es gab ein Riesenfest, umrahmt vom «Ernst Ostertag Sextett». Ruth und Werni haben sich schon zuvor im Jahr 1980 scheiden lassen, das Lokal aber im gleichen Stil noch bis zum Schlussabend gemeinsam weiter geführt. Sie haben auch die Liquidation des gesamten Inventars und der Einrichtung samt Küche zusammen durchgeführt. Das Lokal konnte danach nicht mehr benutzt werden. Im Jahre 1986 wurde die Liegenschaft samt den Nachbarhäusern abgetragen. Dort entstanden die heutigen Neubauten. Ruth heiratete wieder und zog viele Jahre nach Frankreich, Werni ging ins Bündnerland. Sie standen noch viele Jahre lang in Kontakt miteinander und haben zu allen oben genannten Informationen beigetragen. Seit etwa 2016 ist Werni nicht mehr erreichbar.

Quellen:
- Willy Freitag (auswärts speisender Lehrling)
- Albert Bader (Namen der Wirte)
- Robert Kübler (Namen der Wirte)
- Adressbuch von Seebach 1913
- Adressbuch von Seebach 1931
- Ruth und Werner Kopeski (gesamter Text ab 1.6.1966 + Fotos)
- Adressbuch der Stadt Zürich 1950
- Adressbücher der Stadt Zürich 1970 bis 1983
- Werner Kölliker (Fotos von der Einladung zum Eröffnungsessen am 22.3.1974)

zurück | Beitrag drucken

1908 Geburt und Herkunft

Hier sieht man Vater Karl (links) und Onkel Gustav (rechts) von Werner Kopeski, zusammen mit ihrer Mutter in der Mitte.

1949 Jugendzeit

Werner Kopeski als 11-jähriger Klarinettist bei der städtischen Knabenmusik Zürich.

1957 Reise nach Grossbritannien

Sogar der «South Wales Argus» berichtete über die Ankunft der beiden Schweizern aus Seebach in seiner Ausgabe vom 9. Juli 1957. Wir werden von unseren englischen Kollegen begrüsst.

1957 Reise nach Grossbritannien

Werner Kopeski und Ernst Moser (links hinter dem Wagen) werden in Llanhilleth, im Süden von Wales, mit einem Nobelhobel, einem Wolseley, zum neuen Arbeitgeber gebracht und die beiden Ausstausch-Lehrlinge (rechts) abgeholt zur Weiterreise nach Zürich.

1957 Reise nach Grossbritannien

Werner Kopeski (2. von links) und Ernst Moser (5. von links) beim Interview mit dem BBC-Reporter. Stehend die beiden englischen Austauschlehrlinge.

1961 Reisen mit der Locarno

Die Locarno im Hafen von Marseille am Kran, nachdem sie in der Rohne aufgefahren war. Hier ist sie eben im Begriff, sich auf den Weg nach Basel aufzumachen.

1962 Werner Kopeski als Musiker

Das Trio Gentinetti im Jahre 1962 im Bahnhöfli Buchs SG mit Emil Moser, Piano, von Radio Zürich. Rechts aussen Werner Kopeski, der 4 Jahre später den Talgarten übernahm. Hier hat er seinen ersten Kaviar genossen.

1966 Talgarten

Blick auf den Stammtisch des TG. Das völlig neu eingerichtete Restaurant im Jahre 1966.

1966 Talgarten

Diese Vergrösserung zeigt den Eingang zum Restaurant Talgarten noch etwas besser.

1966 Talgarten

Die kunstvoll zubereitete Hors d'Oeuvre-Platten wurden vom Hotel Airport angeliefert und repräsentierten die japanische Küche.

1966 Talgarten

Hier an der Bühlwiesenstrasse 12 wohnten Werner und Ruth Kopeski eine Zeit lang. Das Mercedes-Coupé von 1964 gehörte einem Besucher.

1966 Talgarten

In diesem Haus an der Bühlwiesenstrasse 12 wohnte Werner Kopeski zusammen mit seiner Frau während einer gewissen Zeit.

1966 Talgarten

Die Gäste sind nicht mehr bekannt, hingegen zeigt das Bild die beiden echten Fassböden, welche eine Wand im TG zierten. Die Aufnahme entstand anlässlich der Eröffnung und erschien in einer Zeitung.

1966 Talgarten

Eine Ansicht der prachtvollen Sylvester-Platten. Sie stammtem vom Hotel Airport. Direktor Walter Gehrig vom Hotel Airport war Stammgast und Freund von Ruth und Werner Kopeski.

1966 Talgarten

Ein weiteres Bild der kunstvoll zubereiteten Hors d'Oeuvre-Platten. Es gab sie jedes Jahr anlässlich der Silvesterfeier.

1966 Talgarten

Werner und Ruth Kopeski in ihrem Restaurant «TG». Hier sieht man an der Wand einen Pferdekummet. Es gab an den übrigen Wänden noch weitere solche Antiquitäten.

1966 Talgarten

Das Schild am Eingang des Restaurants. Im Hintergrund sieht man bereits das neu geschaffene Kürzel «TG» an der Hauswand.

1966 Talgarten

Das von Ruth und Werner Kopeski zusammen mit dem Architekten Bruno Scherz neu gestaltete Restaurant Talgarten, kurz «TG» genannt.

1966 Talgarten

Das linke Haus zeigt das Restaurant Talgarten im Jahre 1960, also 6 Jahre bevor Werner Kopeski es übernahm.

1966 Talgarten

Ländlerabig mit dem Trio Bucheli-Della Torre. Das Spitzen-Trio war eine der ersten Kapellen, die im TG spielten.

1967 Im Disney-Land

Hier spielte Werner Kopeski den unbekannten Touristen im Disney-Land in Los Angeles. Zwei ältere Damen rannten vor Schreck davon, als er sich erhob.

1967 Im Disney-Land

Im Disney-Land in Los Angeles.

1967 Im Disney-Land

Im Disney-Land von Los Angeles. Werner Kopeski diente als Übersetzer für die vielen deutschsprachigen Touristen. Hier zusammen mit der hübschen US Guide Jenny.

1967 Im Disney-Land

Im Disney-Land. Reisegesellschaft von 15 Schweizern, die sich untereinander kannten. Rechts Paul Köchli, einem sehr guten Pianisten, zusammen mit Werner Kopeski.

1967 Reisen mit der Locarno

Schaden an der «Locarno», entstanden beim Abschleppen in der Rhone. Anschliessend erfolgte nachts der Rücktransort von Basel nach Altendorf zur Schiffswerft am Obersee.

1967 Talgarten

Bericht aus der Zeit, als das Duo Ernst Ostertag und Armin Frei auftrat und um 23 Uhr, wenn die Küche schloss, mit Werner Kopeski an der Klarinette zum Trio wurde.

1967 Talgarten

Im September 1967 berichtete die Vorstadt von ihrer Pintenkehr. Dabei besuchten sie auch den Talgarten.