OGS Seebach - Beitrag

Turmac AG
Industrie – Übrige – historisch
Zigarettenfabrik. Neue Zürichstrasse 14, ab 1934 Friesstrasse 32-34. Gegründet 1920 von Robert Burrus, einem Enkel des Konzerngründers François-Joseph Burrus und Bruder von Henry Burrus. Er kaufte 1920 die leer stehende Fabrikliegenschaft von J. Haggenmüller, vormals Lina Lange und Cie., an der Friesstrasse. Die Firma hat ihren Standort nie geändert, die obige Änderung war lediglich die Folge einer Umbenennung der Strasse und eine damit verbundene Umnummerierung.

Turmac war das Kürzel aus «Türkisch-Mazedonische Tabakgesellschaft». Die Geschäftsleitung verfolgte einen sehr paternalistisch-sozialen Führungsstil. Die Angestellten waren durch die Firma gegen Krankheit und Unfall versichert, bekamen Familienzulagen und hatten schon 1920 eine bescheidene Pensionskasse. Ausserdem kaufte die Firma für ihre Angestellten zahlreiche Häuser in Seebach, sodass sich einige Angestellten einmieten konnten. Sie verkaufte diese später ihren Angestellten weiter. Davon zeugten um 1950 herum noch zahlreiche Grundbucheinträge. Turmac AG führte auch schon sehr früh die 5-Tage-Woche ein. Auch die Saläre, welche die Firma ihren Mitarbeitern zahlte, waren gut und es gab an Weihnachten auch eine Gratifikation. An katholischen Feiertagen war der Betrieb geschlossen. Robert Burrus, stets in wirbelnder Eile und mit einem schwarzen Citroën Traction Avant unterwegs, genoss in der Firma höchstes Ansehen. Er war als Patron die katholische Soziallehre in Person.

Zwischen 1930 und 1950 wurde die Fabrikliegenschaft laufend ausgebaut und um zwei Stockwerke erhöht. Bald kam auch das Wohnhaus Friesstrasse 32 dazu, wo man später die Büros unterbrachte. Der Firmeninhaber holte auch viele Fachkräfte aus dem Elsgau (Pruntruter Zipfel, Ajoie), wo die Zigaretten-Dynastie Burrus ihren Ursprung hatte. So stammte z. B. auch der kaufmännische Direktor, Joseph Wiser, aus Boncourt JU, welcher diesen Posten schon vor 1950 und bis nach 1957 innehatte. Seine Tochter Annemarie besuchte mit mir zusammen die 4. bis 6. Klasse bei Lehrer Emil Krönert, daher das Wissen. Aus gleichem Grund auch die folgende Information: In den späten 1940er und 1950er Jahren hiess der Chauffeur der Turmac Emil Bär. Er wohnte an der Schärenmossstrasse 45 und hatte eine Tochter namens Gritli, welche aber damals schon erwachsen war. Kein geringerer als Franz Hoeffleur, der später bekannt gewordene Handörgelifabrikant von der Ausserdorfstrasse 24, arbeitete als Maschinist bis 1929 bei der Turmac AG, das war allerdings nur vorübergehend.

Solange die edlen und entsprechend etwas teureren Zigaretten von Turmac gefragt waren, konnte sich die Firma die weiter oben genannten Grosszügigkeiten leisten. Nachdem dann in den 1960er Jahren der Geschmack der Raucher immer mehr in andere Richtungen ging, musste auch Turmac sich dem Geschmack anpassen. Der Anteil der türkisch-mazedonischen Zigaretten nahm laufend ab. Die verschiedenen Zigaretten der Turmac wurden übrigens nach Farben benannt. Eine grosse, orange sowie eine hellbraune Aluschachtel gehörten zur bescheidenen Sammlung von Seebacher «Reliquien» der OGS. Sie wurden inzwischen dem Verein Ortsmuseum Seebach übergeben.

Zuletzt produzierte oder verkaufte Turmac auch «Parisienne», «Brunette» und «Mary Long», welche man von anderen Konzerntöchtern übernahm, um Umsatzeinbussen auszugleichen. Eine Brunette-Reklame sah man ab 1959 für viele Jahre an der Hauswand des Polstermöbelateliers von Otto Hilbrand bei der Abzweigung der Glatttal- von der Schaffhauserstrasse. 1954 hat Robert Burrus die Fassaden der Turmac-Gebäude einer Renovation unterzogen. Bis dahin waren die Gebäude eher unauffällig. Nun aber strahlten sie, dass jeder vorbeifahrende Autofahrer unweigerlich aufschaute, so vermuteten damals die Seebacher Nachrichten. Die Firma stellte ihren Betrieb 1972 ein, doch scheint es einen Zusammenhang mit der Mahalla AG in Wetzikon zu geben, welche noch um 1990 herum existierte. Da die Turmac AG zum Burrus-Konzern gehörte, ist auch von Interesse, dass dieser sich auch in Belgien engagierte.

Vom anfänglichen Firmeninhaber Robert Burrus gibt es auch die bekannte Geschichte, wonach die Pagliano-Tante ihm Genesungs-Ratschläge erteilte, nachdem die Ärzte ihm nicht mehr weiterhelfen konnten. Robert Burrus soll ihre Ratschläge fortan strikt eingehalten haben und wieder kerngesund geworden sein. Wieweit das Legende ist, könnte ein ganz bestimmter Beamter der kantonalzürcherischen Verwaltung vielleicht erhellen, der ein leidenschaftlicher Sammler der Firmengeschichte der «Turmac» ist. Leider kam die OGS noch nicht zu seinem Namen.

Von der Turmac AG konnten inzwischen sogar noch zahlreiche weitere Namen des Personals ermittelt werden. Es sind hier alle Namen aufgeführt, auch jene, die bereits im Text erwähnt wurden:

- Bänninger, Alex, Korrespondenz-Sekretär (Ferienablösung), ca. 1957-62
- Bänninger, Heinrich, Reisevertreter, 1945
- Bänninger, Marta, Fakturistin, ca. 1957-72
- Bär, Emil, Chauffeur, 1948, 1955
- Bachofen-Klopfer, Frau, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Berger-Wirz, Alice, Packerin, 1955
- Burrus, Robert, Direktor und Firmeninhaber, 1920, 1950
- Cavicchia, Frau, Packerin, 1955
- D'Acierno, Petronella, Packerin, 1922
- Hoeffleur, Franz, Maschinist, 1927, 1929 (Handörgeli-Höfler)
- Husy, Maria Mina, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Illi, Arthur, Reisevertreter, ca. 1957-72
- Keller, Max, ?, 1960 + früher
- Liccini, Giuseppina, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Looser, Maria, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Margulies, Otto, Direktor, ca 1957-72
- Meier, Maria Emma, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Meier, Rosa Ottilia, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Moravetz, Erika, Zigarettenarbeiterin, 1950
- Pini, Angela, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Reichhardt, Martin, Betriebsleiter, 1931
- Sauer, Ruth, Direktionssekretärin, ca. 1957-72
- Scherer, Hedwig, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Wachter, Katharina, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Weber-D'Incà, Maria, Maschinistin, bis 1972 (1929-2005)
- Wiser, Joseph, kaufm. Direktor, 1954, 1957
- Zöbeli, Elsa, Zigarettenarbeiterin, 1931
- Zöbeli, A., Zigarettenarbeiterin, 1950

Die Liste wird laufend erweitert. Letzte Nachführung am: 1.10.2016.

Hinweise

- Das 2. Bild nebenan ist ein Werbeplakat im Besitze von Christian Anderegg, welches er als Kopie der OGS zur Verfügung stellte. Er schrieb dazu noch folgendes:

"Es hat die Dimensionen: 80 x 49 cm, ist handgemalt, also kein
Druck und keine sonst irgend geartete Reproduktion. Der Untergrund ist ein Karton mit dem Vermerk auf der Rückseite:

Achtung: Nicht beschädigen!

Dieses Dekorations-Stück, welches einen gewissen Wert hat, wird kostenlo sausgeliehen. Es darf weder zerstört noch beschädigt werden. Es bleibt Eigentum der Firma TURMAC, in Zürich-Seebach und wird von unserem Dekorateur bei seinem nächsten Vorbeikommen zurückgenommen. Falls es an Platz mangelt, bitte den Dekorateur benachrichtigen, welcher das Stück sofort abholen wird. Das gleiche steht auch noch auf Französisch."

- Daniel Sulzer hat im Internet einen Blog eingerichtet wo er fotografisch unterlegt darüber berichtet, wie die verschiedensten alten Zigarettenmarken schmeckten, wenn man sie rauchte. Kürzlich ist es ihm gelungen, eine noch ungeöffnete Schachtel Turmac-Zigaretten zu erwerben. Sobald er diese 'verkostet' hat, wird er in seinem Blog darüber berichten. Danach wird er die OGS benachrichtigen und man findet dann hier seinen Kurzbericht. Wen es jetzt schon interessiert, in den Blog reinzuschauen, sei an die folgende Adresse verwiesen: http://smokerscult.wordpress.com

- In den Portalen zahlreicher Internet-Börsen finden man regelmässig Inserate mit Turmac-Blechdosen. Sammler suchen also am besten dort.

Quellen:
- Seebacher Nachrichten 1.12.1954
- Seebacher Nachrichten 1959
- Historisches Lexikon (HLS) 2003, Bd. 3, 136 (Geschäftsleitung)
- Adressbuch von Seebach 1931
- Adressbuch der Stadt Zürich 1950
- Paul Ess
- Alice Berger-Wirz
- Boris Frehner (Hinweis auf Aktivitäten in Belgien)
- Peter Eggenberger in « Früener ond Hütt » 1990, Seite 66. Siehe auch unter "Eggenberger, Peter"!
- OGS-eigene
- Ernst Roth (Hinweis zu Franz Hoeffleur)
- Albert H. Burkhardt, Blosse Füsse, blutige Zehen, blaue Wunder, 1997, 96
- Marcel Fisler (Hinweis auf Max Keller)
- Alex Bänninger (nannte weitere Mitarbeiter und ein paar Ergänzungen zu Robert Burrus und seiner Firma)
- Angela Weber (Hinweis auf ihre Mutter)

Turmac AG (1925)

Hier sieht man eine Werbung der noch jungen Firma Turmac AG im Festführer des Sängerfests in Seebach 1925.

Turmac AG (1940)

Dieses Werbeplakat der Turmac AG aus der Zeit des letzten Weltkrieges ist im Besitze von Christian Anderegg, der es der OGS freundlicherweise als Kopie zur Verfügung gestellt hat. Die Jahreszahl ist geschätzt.

Turmac AG (1955)

Die 100-Zigaretten-Alupackung Turmac orange. Die Schachtel hat Paul Ess für die OGS organisiert. Sie ging inzwischen an den Verein Ortsmuseum Seebach über.

Turmac AG (1955)

Die 100-Zigaretten-Alupackung Turmac brun. Auch diese Schachtel beschaffte Paul Ess für die OGS. Sie ging inzwischen an den Verein Ortsmuseum Seebach über. Das Bild belegt, dass Turmac die Gestaltung der Schachteln ab und zu etwas änderte.

Turmac AG (1955)

Eine weitere Turmac-Schachtel von René Peter aus den 1950er Jahren. Es ist wie die nachfolgenden Bilder eine 100er-Schachtel aus dünnem Aluminium.

Turmac AG (1955)

Eine Turmac brun-Schachtel im Besitze von René Peter, ebenfalls aus den 1950er Jahren.

Turmac AG (1960)

Ein Inserat der Turmac AG in den «Seebacher Nachrichten» aus dem Jahre 1960.

Turmac AG (2005)

Die ehemalige Turmac-Liegenschaft 34 Jahre nach der Schliessung von der Friesstrasse her gesehen.

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