Den Originaltext der Seebacher Dorf-Offnung findet man im Buch "Beiträge zur Rechtsgeschichte in Seebach" von Jakob Winkler 1925 im Anhang, ca. Seite 140 oder etwas mehr (die OGS besitzt nur eine Fotokopie, auf welcher die Seitenzahlen fehlen). Jakob Winkler schreibt, dass das Original der Offnung von Seebach nicht mehr vorhanden sei. Doch gäbe es zwei Abschriften, wobei die eine schon vor 1442 abgefasst worden sei, während die andere von 1487 stammt. Im Mittelalter war es üblich, dass die Dorf-Offnung stets mündlich vorgetragen wurde, wenn die Gerichtstage stattfanden.
Um eine Dorf-Offnung richtig würdigen zu können, sind einige Zustände aus dem Hochmittelalter Seebachs näher zu erklären: Im 13. Jahrhundert (1201-1300) gehörte Seebach zur Grafschaft Kyburg. Um etwa 1300 wurde Seebach mit dem Amt Kloten vereinigt. Zu diesem Amt gehörten neben Seebach und Kloten auch die Dörfer Adlikon, Affoltern, Dällikon, Dübendorf, Fallender Brunnen, Höri, Katzenrüri, Mettmenhasli, Nassenwil, Neerach, Nöschikon, Ã?rlikon, Schwamendingen, Schwerzenbach, Stettbach und Watt.
Die damaligen Rechtsverhältnisse unterschieden eine hohe und eine niedere Gerichtsbarkeit. Das Hochgericht, das insbesondere über Leben und Tod urteilte, wurde nur von mächtigen Adelsfamilien ausgeübt. In unserer Gegend waren es, wie schon erwähnt, die Kyburger und nach deren Aussterben die Habsburger, welche dieses wichtige Amt inne hatten. Die niedere Gerichtsbarkeit, auch Twing und Bann genannt, wurde vom Grundherr ausgeübt. Im Falle Seebachs war das die Ã?btissin des Fraumünsters. Diese delegierte diese Aufgabe weitgehend an den Kelnhofer. Der Kelnhofer galt als grundherrlicher Beamter. Seine Befugnisse umfassten das Recht, Gebote oder Verbote über Weg, Zäune, Gräben und Allmendverhältnisse zu erlassen und Strafen gegen Verstösse auszusprechen. Nördlich des Katzenbachs war es das Kloster Wettingen, das Grossmünster und die Kirche in Rümlang.
Unter der Dorf-Offnung verstand man sämtliche Rechte und Pflichten, welche eine Dorfgemeinschaft inne hatte. Trotz Grundherrschaft und Vogtei standen den Bauern eines Dorfes namhafte Rechte zu. Diese betrafen besonders die wirtschaftlichen Angelegenheiten, welche bereits unter dem Beitrag «Puusami» kurz beschrieben wurden. Alle diese Rechte waren in der Dorf-Offnung niedergelegt. An den Gerichtstagen wurden jeweils die Rechtssatzungen und alten Bräuche des Hofes mündlich festgestellt. Alte angesehene Leute, mit den seit Jahrhunderten mündlich überlieferten Rechtsbräuchen vertraut, mussten dieselben 'eröffnen', daher die Bezeichnung 'Offnung'.
Ein wichtiges Traktandum am Neujahrstag war die Verleihung des Kelnhofes an den Kelnhofer. Die Bauern wurden gefragt, ob der bisherige Kelnhofer sein Amt ordentliche führte und wenn dies der Fall war, wurde ihm der Kelnhof erneut vergeben. Der Kelnhofer hatte ein Aufsichtsrecht über die Bauern im Dorfe und über die Inhaber der Huben. Er kontrollierte die Abgabe des Zehnten und machte genaue Notizen für jeden zehntenpflichtigen Bauern und zusätzlich hatte er das Recht, die niedere Gerichtsbarkeit auszuüben. In Seebach gab es hierzu alle 8 Tage einen Gerichtstermin. Ferner war er Pfändungsbeamter und hatte den Vorsitz der Puursami inne. Auch den Weibel hatte er zu beaufsichtigen. Die Wahl dieses Weibels stand der Dorfgemeinde zu. Dabei entschied die Stimmenmehrheit der versammelten Bauern. Bei Stimmengleichheit entschied die Grundherrin. Der Weibel überwachte vor allem Holz und Wald. Bezahlt wurde er vom Kelnhofer und von den Hubern.
Der Seebacher Kelnhofer wurde im Jahre 1261 im Fraumünster Urbar erstmals urkundlich erwähnt im Zusammenhang mit einem Streit zwischen der Ã?btissin in Zürich und dem Leutpriester von Rümlang. Darauf weist Ernst Benninger in seinem Flurnamenbuch auf Seite 68 unter Kelnhof hin. Die Seebacher Dorf-Offnung dürfte mit der Erstellung der ersten alemannischen Bauernhöfe eingerichtet worden sein, was vermutlich in der Zeit nach dem Jahr 800 bis 900 gewesen sein dürfte. Diese Jahreszahl ist recht gut gesichert durch den Fund der alten Grundmauern einer kleinen Kapelle unter der der Niklauskapelle, welche auf eine Zeit um 1050 datiert wurden. Eine gemauerte Kapelle wurde aber sicher erst erstellt, nachdem es auch genügend Kirchgänger in Seebach gab. Somit hatten die Seebacher gerade mal 150 bis 250 Jahre Zeit, ein genügend grosses Dorf zu werden.
Der Beitrag wird noch weiter überarbeitet und verfeinert, sobald die OGS weiteres Material zur Dorf-Offnung aufgefunden hat.
Quellen: - Die Dorf-Offnungen von Ã?rlikon und Schwamendingen, Dr. Armin Bollinger, 1945/46 - Jakob Winkler, Beiträge zur Rechtsgeschichte von Seenach, 1925 - Seebach und seine Flurnamen, Ernst Benninger, 2001, Seite 68