Der Begriff «Seebacher Fondue» entstand vermutlich in den 1950er Jahren dank der Fondue-Mischung des Milch-, Butter- und Käseladens der Gossweilers an der Seebacherstrasse 78, später 84. Dieser Laden wurde 1945 eingerichtet und von Lina Gossweiler bedient. Die anfänglich noch ledige Lina Holdener arbeitete als Serviertochter im Restaurant Bürgli, ehe sie den Albert Gossweiler heiratete. Sie gilt bis heute als die Begründerin des Seebacher Fondues, doch lässt sich heute nicht mehr sicher sagen, wann Lina Gossweiler ihr Fondue erstmals verkaufte. Ihre Tochter Verena kann sich nur bis zu den 1960er Jahren zurück erinnern, da sie damals noch ein junges Mädchen war. Ob ihre Mutter das Fondue hier kreierte oder schon von Immensee her kannte, ist nicht mehr bekannt.
In Erinnerung geblieben ist aber, dass Lina Gossweiler ihre Fondue-Mischung aus Emmentaler- und Greyerzer-Anschnitten herstellte, meist halb-halb. Dazu kam auf Wunsch noch ein ein anderer milder oder rezenter Käse dazu, vermutlich 100 g pro Kilo. Wenn sie das Fondue selber zubereitete, fügte sie zuhause noch eine Messerspitze Natron dazu, um es besser verdaubar zu machen. Ebenfalls zuhause fügte sie noch eine Handvoll Steinpilze dazu. Diese waren aber nicht Bestandteil des Seebacher Fondues. Seinen Bekanntheitsgrad und wohl auch seinen Namen erlangte das Gossweiler Fondue wohl dadurch, dass sie mehrere Jahre lang immer am 2. Januar für den Quartierverein Seebach das Fondue zubereitete. Das war allerdings erst einige Jahre nach dem erstmaligen Verkauf in ihrem Laden.
Weitere Fondue-Verkäufer
Der bis heute älteste Hinweis für den Verkauf einer Fondue-Mischung in Seebach gebührt wohl Lina Gossweiler, doch folgten ihr in kurzen Abständen Ferdinand Buchmann (1949), bald danach Ernst Kuhn (1950) und Josef Koller (1951). Später kam noch Willy Meyer (1961) dazu und zuletzt noch Lanz von der Leimgrübelstrasse, alles Inhaber von Milch-, Käse- und Butter-Läden. Bei Lanz kaufte meine Mutter später ihre Fondue-Mischung, gelegentlich auch im Hochsommer! Lanz hatte aber ziemlich sicher eine eigene, nicht Seebach bezogene Mischung, die aus der schwachen Erinnerung heraus sehr konservativ war und ein Rezept aus Freiburg oder dem Unterwallis war. Zuletzt wäre auch noch Hildegard Grubenmann zu erwähnen, der indirekten Nachfolgerin des oben erwähnten Lanz. Auch sie führte eine eigene Fondue-Mischung, welche sehr bekömmlich gewesen sein soll. Daran erinnerte sich noch Albert Oswald 2011.
Willy Meyers Fondue
Besonders zu erwähnen ist aber Willy Meyer, 29 Jahre lang Senn in der Sennerei Seebach. Er pflegte einen alten Seebacher Brauch, eben das besondere Seebacher Fondue. Er hat seit Antritt seines Amtes als Seebacher Senn dieses Rezept allerdings nicht von Lina Gossweiler übernommen, sondern er hatte eine eigene Fondue-Mischung hergestellt, das bestätigte Verena Buralli-Gossweiler der OGS. Er hatte damit offenbar eine sehr glückliche Hand. Sowohl das Meyer'sche wie das Gossweiler'sche Rezept galten Jahre lang als gleichwertig. Um zu verstehen, was damit gemeint ist, muss man wissen, dass Willy Meyer bezüglich den Qualitätsanforderungen in seiner Sennerei stets ein recht «unzufriedener» Mensch war, der immer alles noch besser hinkriegen wollte.
Kurz nach der Übernahme der Sennerei im Jahre 1961 brachte Willy Meyer seine eigene Fondue-Mischung heraus, die einfach für jedermann einmalig schmeckte. Wohl Hunderte von Fondue-Plausch-Abende hat er mit seiner speziellen Mischung indirekt mitgestaltet. Er hatte auch immer Zeit, ganze Fondue-Abende zu organisieren, legte sich im Laufe der Zeit eine grössere Zahl von Fondue-Caquelons, Réchauds und Gabeln zu, sodass er bis zu 400 Gäste versorgen konnte. Er organisierte alles von A bis Z. Pannen waren bei ihm gänzlich unbekannt. Leider wurde sein Lebensabend durch verschiedene Vorkommnisse, siehe unter Willy Meyer, erheblich getrübt, doch änderte das nichts daran, dass seine Fondue-Mischung etwas Besonderes war.
Die OGS hatte ein einziges Mal die Gelegenheit, etwa um 1970 herum an einem Fondue teilzunehmen, welches von Willy Meyer zubereitet wurde. Aus der dunklen Erinnerung heraus enthielt das Fondue mit Sicherheit Greyerzer Käse sowie einen weiteren sehr würzigen Käse (möglicherweise Appenzeller), Knoblauch, Pfeffer, Paprika, Muskat und Maizena und es wurde mit Fendant und Kirsch angerührt.
Auch ein Restaurant mischte mit
In der Seebacher Fondue-Szene mischte auch das Ehepaar Th. + R. Evéquoz mit, welches das Restaurant Staudenbühl betrieb. Er selbst war ein Unterwalliser und in den 1960er und 1970er Jahren bekannt für seine guten Fondues, die er mit besonderer Freude auch im Sommer anbot. Das freute den eher lebensfrohen Wirt dann ganz besonders, wenn ein Gast seine Lust auf ein Fondue nicht von der Jahreszeit abhängig machte.
Die Mischung von Lina Gossweiler hat lange überlebt
Die Holzkorporation Seebach mischt heute noch ihre Fondues in ähnlicher Weise wie Lina Gossweiler, wenn sie es für den QVS-Fondue-Abend zubereitet und hat es der heutigen Zeit nur sehr massvoll angepasst. Wer sich diese Mischung interessierte konnte im Chäs-Egge von Hans Egli an der Schauenbergstrasse 11 in Zürich-Affoltern die spezielle Fondue-Mischung bis 2015 bestellen. Inzwischen hat der Chäs-Egge sein Geschäft leider geschlossen.
Fazit
Es ist beim gegenwärtigen Stand der Nachforschungen nicht möglich, mit absoluter Sicherheit zu sagen, wer das «Seebacher Fondue» erschaffen hat. Der Begriff ist heute nur noch bei den älteren Seebachern bekannt, welche die Einführung des Fondues in Seebach in ihrer Jugendzeit erlebt haben. Geprägt wurde der Begriff dank den ehemaligen Fondue-Abenden des QVS am 2. Januar jeden Jahres und damals wurden die Fondues von Lina Gossweiler, der Frau von Albert Gossweiler II hergerichtet. Die Herkunft ihres Rezeptes ist heute nur noch anhand der Erinnerungen ihrer Tochter Verena zu eruieren und diese weisen auf ein Zürcher Rezept hin. Das Seebacher Fondue gibt es vermutlich seit den späten 1940 und frühen 1950er Jahren. Es entspricht den älteren Zürcher Fondue-Rezepten. Später sorgte dann Willy Meyer dafür, dass der Begriff weiter lebte.
Quellen: - Holzkorporation Seebach (Hinweise zu Lina Gossweiler und Chäs-Egge) - Willy Meyer (seine Fondue-Mischung) - Verena Buralli-Gossweiler (Mischung ihrer Mutter) - Luise Eisenring-Kuhn (Hinweise auf ihre eigene Mischung) - Inserate in den Seebacher Nachrichten von Josef Koller - OGS-eigene - Max Steiner (Fondue-Abend des QVS) - Albert Oswald (Mischung von Hildegard Grubenmann) - Beat Czybik (Schliessung des Chäs-Egge)