OGS Seebach - Beitrag

Thurgauerstrasse
Verkehrswege – Strasse – aktuell
Der Name ist offiziell. Diese Strasse wurde ab 1957 als Quasi-Autobahn erbaut und im Frühsommer 1962 dem Verkehr übergeben. Sie war als Entlastungsstrasse für die Schaffhauserstrasse gedacht und vom Kantonsrat 1957 als eines der ersten Schweizer Autobahnteilstücke geplant worden und sollte ursprünglich zum Flughafen Kloten führen. Die Strasse war ein vollständiger Neubau. In einem ersten Schritt wurde die Strasse schon 1957 bis zur Eisfeldstrasse geführt, danach in einem zweiten Schritt bis zur Schärenmoosstrasse verlängert. In einem dritten Schritt folgte die Verlängerung nach Opfikon mit Anschluss an die Flughafenautobahn. In einem letzten Schritt wurde das Autobahnteilstück vom Flughafen bis zur Verzweigung Thurgauerstrasse erstellt, obwohl damals schon eine Fortsetzung zum Expressstrassen-Y in Schwamendingen geplant war. Ein Kuriosum war allerdings, dass die Autobahn von Anfang an mit einem beidseitigen Trottoir, Fussgängerstreifen und Blinklichtanlagen ausgestattet war, sodass sie faktisch nur eine Schnellstrasse war, wenn überhaupt.

Da sich der Bau des Expressstrassen-Ypsilons immer mehr verzögerte, verband man die beiden Autobahnteilstücke in Opfikon provisorisch mit einer sehr engen Kurve mit beträchtlicher Steigung bzw. Gefälle, welche wiederum viele Jahre so blieb, bis dann in den frühen 1980er Jahren die Nordumfahrung einen Teil des Expressstrassen-Ypsilons ersetzte. Während all diesen Jahren entstanden entlang der Thurgauerstrasse viele Bürokomplexe, welche auf Opfikerseite über zwei parallele Nebenstrassen (Talackerstrasse, Güggelfelder-und Fallwiesenstrasse) erschlossen wurden. Die Thurgauerstrasse verlor ihren engen Bogen zur Flughafen-Autobahn und bekam nun einen Vollanschluss an die Wallisellenstrasse in Opfikon und nur einen Halbanschluss an die Flughafenautobahn. Spätestens seither gilt sie nicht mehr als Autobahn. In absehbarer Zeit wird das Tempolimit auch auf Opfiker Seite reduziert, vermutlich von 80 auf 60 km/h. Die Bezeichnung Autobahn war eher ein volkstümlicher Ausdruck, denn planerisch war sie von Anfang an nur eine autobahnähnliche Schnellstrasse.

Die Thurgauerstrasse erhielt ihren Namen im Laufe der Strassenbauplanung bereits 1955. Das Strassennamenbuch der Stadt Zürich schreibt dazu, dass die Strasse ihren Namen zu Ehren des Kantons Thurgau trage, mit welchem Zürich schon seit Jahrhunderten gute Beziehungen pflege. Das klingt gut, dürfte aber doch zum grössten Teil geklittert sein. Besser wäre wahrscheinlich, man schriebe, der Strassenname wäre eine Verlegenheitslösung gewesen. Wenn man schon den Kanton Thurgau ehren will, so fragt man sich, hat man dann Jahrhunderte lang zugewartet? Und man vermisst gleichzeitig ein paar Strassennamen anderer Kantone, welche diese Ehre auch verdient hätten.

Das mit dem Thurgau und den Jahrhunderte alten guten Beziehungen stimmt natürlich, denn ganz viel früher gehörten die heutigen kantonalen Gebiete Thurgau und Zürich zum gleichen hoheitlichen Besitz. Das östliche Gebiet hiess Thurgau und das westliche Zürichgau und man sprach damals auch im Zürichgau eine Mundart, welche noch viel Thurgauisches barg. So sagte man noch um 1900 in Seebach «nü» statt neu oder neun und man sagte «Bom» statt Baum usw. Wenn der Kanton Zürich sich aber seinen Wurzeln besinnen will, genügt es nicht, eine Schnellstrasse am Stadtrand «Thurgauerstrasse» zu nennen. Die Thurgauer sind sehr herzliche Leute und noch voller Natürlichkeit. Wenn man ihnen wirklich von Herzen eine Freude machen will, dann müssten sich die politischen Organe zusammen setzen und schauen, wo und wie man freundnachbarlich zusammen arbeiten will. Insofern war der Strassenname «Thurgauerstrasse» zwar gut gemeint, aber eben nur sehr oberflächlich.

Die Thurgauerstrasse war am Mittwoch, den 31. März 2010 Gegenstand eines Beitrags in der Thurgauer Zeitung. Dabei hat offenbar eine Zeitungsberichterstatterin dieses angesehenen Thurgauer Blattes namens Jessica Francis der Seebacher Thurgauerstrasse einen kurzen Besuch abgestattet, welcher offenbar bei der guten Frau die hohen Erwartungen nicht erfüllte, wie sie selber schreibt. Daher trug der Zeitungsartikel den Titel «Strasse der leeren Versprechungen». Sie äussert damit indirekt die gleichen Gedanken, welche auch die OGS erfüllten. Was ausser der frühen gemeinsamen Vergangenheit war denn der Anlass, genau diese Strasse nach dem Kanton Thurgau zu bennnen? Thurgauerstrasse verleitet doch zur Annahme, die Stasse böte irgend etwas, was an den Thurgau erinnerte. Oder sie führe auf direktem Weg in den Kanton Thurgau. Etwas indirekt tut sie das zwar, doch jede Strasse im Norden Messinas führt indirekt auch nach Zürich und dennoch gibt es im Norden Messinas keine Via Zurigo. Der Beitrag endet mit der Bemerkung: Würde eine Person in Ã?rlikon in den Zug einsteigen und 50 Minuten später in Märstetten aussteigen, wäre sie wohl irritiert. Es ist eine andere Welt- an der Thurgauerstrasse und im Thurgau.

Im Baugeschichtlichen Archiv Zürich gibt es von den älteren Häusern an dieser Strasse noch zahlreiche Fotos. Wer sich dafür interessiert, findet unter BAZ alle nötigen Hinweise, wo genau man diese Fotos ansehen und sich davon allenfalls Kopien anfertigen kann.

Quellen:
- OGS-eigene
- Strassennamenbuch der Stadt Zürich 1999
- Thurgauer Zeitung vom 31.3.2010

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