Um einer gewissen Einheitlichkeit zu entsprechen, sind die Strassen in der OGS-Seebach unabhängig von ihrer Breite, ihrem Alter oder ihrer Bedeutung stets als Strassennamen bezeichnet, da dies der übliche Terminus für Strassen, Wege, Gassen und Pfade unter Flurnamenforschern ist. Die Geschichte jeder Strasse, jeden Weges von Seebach ist, soweit dies mit vertretbarem Aufwand zu rekonstruieren war, unter dem jeweiligen Namen dieser Strassen aufgeführt. Da hierzu oft nur Befragungen zielführend waren, kann die Zuverlässigkeit nicht immer mit der gewünschten Sicherheit gewährleistet werden, zumal es kaum möglich war, Dichtung und Wahrheit immer klar zu trennen.
Insbesondere bei jenen Strassen, wo nur ganz wenige Befragungen möglich waren, kann es durchaus sein, dass im Volksmund noch weitere Geschichten kursieren, die hier nicht aufscheinen. Der Leser möge hierfür Verständnis haben.
Zu den Strassen und Wegen gibt es aber auch ein paar Worte zu sagen über ihre geschichtliche Entwicklung. Dabei soll hier nicht von den Strassen der grossen, weiten Welt die Rede sein, sondern ganz im Sinne dieser Website, nur von den Strassen Seebachs. Da ein grosser Teil Seebachs früher versumpft war, wurde Seebach erst relativ spät besiedelt. Zwar boten die Sümpfe Schutz vor wilden Tieren, doch bot Seebach damals als ein weitgehend bewaldetes Gebiet nur wenig Möglichkeiten zum Ackerbau. So kam es, dass die Urbevölkerung in den umliegenden Gemeinden günstigere Wohnmöglichkeiten fand und Seebach vorerst mied.
Erst als sich immer mehr Menschen in unserer Gegend niederliessen, kam auch Seebach zum Zug. Das war nach heutigem Wissen vor etwa 2'550 Jahren erstmals der Fall. Diese ersten Seebacher waren wohl ein bunt zusammengewürfeltes Mischvolk, welches die damals übliche keltische Kulturform pflegte und auch einen keltischen Dialekt sprach. Diese Menschen lebten in Grossfamilien und übergeordnet in Sippen. Mehrere Höfe bildeten die Familieneinheit. Diese Höfe waren umzäunt, meist mit Palisaden zum Schutz gegen wilde Tiere und andere Angreifer, vor denen man damals nie sicher war. Den wenigen Boden, den sie brauchten, um das Nötigste an zu pflanzen, gewannen sie dem Wald und dem Sumpf ab. Ihre Siedlungen waren an leicht erhöhter Lage und stets in der Nähe von sauberem, fliessenden Wasser.
So kam es, dass ein Familienverband seine Höfe in der Gegend der heutigen Stoffelstrasse errichtete, da sie optimale Voraussetzungen bot. Ein anderer Familienverband siedelte in Rümlang, ein weiterer in Örlikon und noch weitere in Opfikon, Wallisellen, Schwamendingen, Affoltern und Oberstrass. Damals gab es diese Ortsnamen natürlich noch nicht, zumindest nicht in der heutigen Form. Zusammen bildeten sie eine Sippe und jeder Hof war auf eine Aufgabenteilung eingerichtet, sodass die Höfe untereinander regelmässigen Kontakt hatten und Waren des täglichen Bedarfs austauschten. Die Organisationsarbeit wurde vom Sippenführer erledigt. Und genau diese Organisationsform war in unserer Gegend die Grundlage für die ersten Verbindungswege oder eben Strassen. Noch heute kann man mit einer lediglich 150 Jahre alten Wildkarte die ersten, uralten Wege erkennen, die im Laufe der Jahrzehnte in den Boden getreten wurden, um den Handel unter den Höfen abzuwickeln. Noch einfacher wird es beim Studium der Gygerkarte von 1667. Die dort eingezeichneten Strassen waren mit Sicherheit solche, die schon die Römer oder gar die Kelten benützten.
Damit kennen wir nun die ersten Trampelpfade, die sich zwischen den ersten Keltenhöfen durch das regelmässige Begehen zu Fuss, zu Pferd oder mit Gespann bildeten. Da mit grosser Wahrscheinlichkeit diese ersten Sippen nicht ausstarben, wie man oft liest, bildeten sich im Laufe der Jahrhunderte richtige Feldwege und als etwas mehr als 500 Jahre später die Römer unser Land besetzten, bauten sie auf der bereits vorhandenen Basis auf und verbreiterten und befestigten die wichtigsten Verbindungswege zu richtigen Strassen. Im Lateinischen hiessen diese neuen Verbindungswege «via strata», also befestigter Weg. Aus «strata» hat sich dann unser heutiges Wort Strasse herausgebildet.
Der Trampelpfad ist somit sicher die Urform der heutigen Strasse. Es begann also alles mit dem Trampelpfad und er dürfte in der weiteren Umgebung wohl bis weit in die Jungsteinzeit zurück reichen. Allerdings nicht in Seebach, da bei uns die erste Besiedlung, wie schon erwähnt, erst um 550 v. Chr. erfolgte. Natürlich standen auch die Sippenführer untereinander in Verbindung und die Gehöfte, wo die jeweiligen Sippenführer hausten, waren ebenfalls untereinander verbunden, so dass auch ein Informations- und Warenaustausch unter den Sippen möglich war. Diese Sippenführer wiederum waren einem Stammesfürsten unterstellt und es darf vermutet werden, dass dieser in Zürich hauste, welches zur Keltenzeit *Turikon geheissen haben soll. Darauf weisen verschiedene Versuche hin, die Bedeutung von *Turikon zu enträtseln.
Der Name ist eine rekonstruierte Form des alten keltischen Ortsnamen für Zürich. Er wiedergibt aber bereits eine verschliffene Form, wie sie im keltischen Dialekt um 200 v. Chr. gelautet haben könnte. Auf der Basis des heute verfügbaren Wortschatzes des Keltischen (Hallstatt D) könnte daraus eine noch ältere keltische Form *Duarighon (sprich Duurigen) rekonstruiert werden, deren Bedeutung lautet = bei den Leuten am Ort des Stammesfürsten, von duar = Dorf im Sinne von «bei den Leuten», righ = Stammesfürst, on = Ort. Diese Deutung ist nicht mehr als wissenschaftlich st zu betrachten, sondern als reine Spekulation. Es ist lediglich der Versuch, den Ortsnamen *Turikon phonetisch in eine noch ursprünglichere Form zurückzuführen. Man geht aber heute davon aus, dass Zürich keine vorkeltische Gründung ist. Die heute als gängig betrachtete Deutung des Ortsnamen Zürich geht von einem keltischen Personennamen Tur(r)os und der keltischen Ortsendung -ikon aus, womit Zürich als Ort des Turos zu deuten wäre.
Nun wieder zurück zur Verbindung der Sippen mit dem Stammesfürsten: Wo der Sippenführer für die Seebacher Höfe wohnte, ist nicht bekannt, doch kann vermutet werden, dass das heutige Örlikon sein Sitz war, denn von allen weiter oben genannten Höfen war er der zentralste. Von Örlikon aus waren, so wie es scheint, alle Sippen sternförmig durch Wege verbunden. Der Sippenführer wiederum war mit dem wichtigsten Weg direkt mit dem Stammesfürsten verbunden. Dieser Weg von Zürich nach Örlikon war der Vorläufer der späteren Römerstrasse. Er hatte die gleiche Linienführung. Mit grosser Wahrscheinlichkeit haben die Römer diese bereits vorhandenen Organisationsformen und -strukturen übernommen und nur dort wo es sich als nötig erwies, Personen ausgetauscht oder Führungsstellen personell verstärkt.
Damit haben wir nun einen kleinen Einblick erhalten, wie die frühesten Siedlungen, darunter Seebach, zur Keltenzeit organisatorisch mit ihren Nachbarsiedlungen in Verbindung standen und warum es damals diese Wege und Strassen brauchte. Auf diesem einfachen Wegnetz sind alle späteren Erweiterungen aufgebaut.
Quellen: - Studium alter Karten - Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen - OGS-eigene