An der Glatt gab es in den 1930er bis 1950er Jahren drei Stellen, wo gebadet werden könnte. Sie befanden sich entweder auf Opfiker oder Schwamendinger Gebiet, waren aber für Seebach wichtig, weil es die nächstgelegenen Bademöglichkeiten waren, welche man noch bequem zu Fuss erreichen konnte. Erwachsene und Mädchen benützten zum Umkleiden eine Scheune beim Eisfeld. Die Stelle in Schwamendingen lag im Gebiet Storchennest beim bekannten Chindlistein. Siehe dort! Die anderen Stellen lagen beim erst später aufgestellten gedeckten Brüggli, sowie zwischen diesen beiden Stellen. Früher musste man sich hüten, abends zu baden, da dann das Wasser von einer Färberei verschmutzt (!) wurde. Nach 1955 sorgten die grössere Attraktivität des Allenmooses und das zunehmend verschmutztere Wasser der Glatt dafür, dass die Glattbadi in Vergessenheit geriet.
Besonders beliebt bis etwa 1955 war die Stelle oberhalb des Glattfalls. Der Glattfall selber blieb in der Regel tabu, denn da hat sich einmal ein nicht ungefährlicher Zwischenfall ereignet, als ein noch etwas zu kleiner Bub über den Fall rutschte und in den Wirbeln des Tosbeckens nicht die Kraft hatte, sich freizuschwimmen. Die anderen Buben hatten nicht den Mut, ihn herauszuholen, sondern baten eiligst einen nahen Schrebergärtner um Hilfe. Dieser gab ihnen eine lange Bohnenstange, mit welchem sie den Buben herausziehen konnten, indem er sich einfach an der Stange festhielt. Das war knapp! Dieser Zwischenfall sprach sich rasch herum und so wurde der Wasserfall gemieden, zumindest eine Zeit lang.
Angeber erdachten sich aber rasch eine neue Mutprobe, die sie gerne vorführten, wenn junge Mädchen mit dabei waren, denen sie imponieren wollten. Sie benützten dazu einen aufgeblasenen Lastwagenschlauch, sprangen 75 m vor dem Fall in die Glatt, legten sich liegend in den Schlauch und liessen sich seelenruhig auf den Wasserfall zutreiben. Etwa 10 Meter vor dem Fall begannen die Mädchen in aller Regel zu kreischen und zu quietschen und 3 Meter vor dem Fall schlüpften die Buben mit den Beinen aus dem Schlauch und standen auf. Da das Wasser dort nur um 40 cm tief war, bestand keine Gefahr. Lässig schulterten sie den Gummischlauch und wateten ans Ufer.
Eine andere Mutprobe war, genau auf der Anrisskante des Wasserfalls die Glatt zu überqueren. Der Betonteil des Falls war sehr schlüpfrig. Dort durfte man nicht draufstehen, doch wenige Zentimeter daneben war der Untergrund kiesig und die Füsse fanden guten Halt. Das sah recht gefährlich aus, war es aber nicht, wenn man keine Angst hatte. Um das ganze etwas dramatischer aussehen zu lassen, streckten die Kerle dann die Arme so aus, dass es aussah, als wäre es ein Hochseilakt. Auch das Hin- und Herbalancieren mit dem Oberkörper half mit, diesen Eindruck zu verstärken, war aber überhaupt nicht nötig. Hauptzweck war einzig, die Mädchen zu beeindrucken.
Ein paar sehr gute Schwimmer wagten auch nach dem Zwischenfall mit dem fast ertrunkenen Buben, den Fall hinunter zu jucken. Dabei sprangen sie etwas seitlich von den Wirbeln ins Wasser. Wichtig war, dass man die Wirbel beobachtete und nicht in das weiss schäumende, sondern in das dunkle Wasser sprang. Da passierte auch nichts. Diese Burschen waren dann schon wer und alle andern halt nur Weicheier.
Es galt das Prinzip: Man erscheint in der Badehose oder zieht sich diskret hinter einem Busch um, denn Umkleidekabinen gab es um 1953 keine mehr in der Nähe. Nur das war der Grund, warum die Mädchen so selten waren. Damals vermochten es noch nicht alle Eltern, ihren Mädchen Badeanzüge zu kaufen, sodass es durchaus üblich war, dass die Mütter ihre Mädchen zur Badi begleiteten und diesen einfach ein weisses «Hempli» anzogen und es untenrum mit einer Schliessgufe verschlossen, was bei den Buben stets ein gewaltiges Interesse auslöste, zuzuschauen, wie die Mütter die Mädchen zum Baden vorbereiteten. Ich war damals allerdings noch ein paar Jahre zu jung, um zu verstehen, was genau dahinter steckte.
Quellen: - Albert Burkhardt, 1997,140 - OGS-eigene - Werbefachmann von der Bahnhaldenstrasse (Name noch suchen!)