Im Jahre 1957 gab es eine sehr rasch den ganzen Ort übergreifende Mode: Das sogenannte Zuchthäuslerleibchen. Es war ein meist langärmeliges T-Shirt, welches quer schwarweiss gestreift war. Die jungen Buben zwischen 12 und 16 Jahren waren richtig heiss auf ein solches T-Shirt. Man wollte damit ein wenig provozieren und da das in jenem Alter viele wollten, gingen sie in den Kleiderläden weg wie warme Semmeln. Und besonders günstige gab es keine. Die Verkäufer nutzten die Gunst der Stunde und verdienten sich damit gesund. Die Leibchen waren jedenfalls viel zu teuer für meine Eltern. Obwohl ich immer wieder bei der Mutter bettelte, reichte das Geld eben nicht für solche Extravaganzen. Ã?rgerlich war, dass ich die dazu passenden Lee Rider's Jeans bereits besass, da ich sie mir mit Sommerferienarbeit verdienen konnte. Für das teure T-Shirt reichte aber mein Feriengeld nicht. Mehrere meiner Schulkameraden hatten bereits eines und manchmal waren in unserer Schulklasse gleiche zwei, drei Buben damit eingekleidet, nur eben ich nicht.
Da meine Mutter eine ausgebildete Weissnäherin war, hatte sie ein Einsehen mit mir und kaufte in einem Laden den hierzu nötigen Stoff für ganz wenige Franken. Dieses Geld zahlte ich dann der Mutter und hatte danach keinen Rappen mehr in der Tasche. Noch gleichentags schnitt sie das T-Shirt zu und begann mit Nähen. Noch vor dem Abendessen durfte ich reinschlüpfen und mich draussen damit noch etwas wichtig machen. Jetzt gehörte ich auch zu den Leuten. Leider zeigte es sich, dass der erhoffte Aufmerksamkeitseffekt nur von kurzer Dauer war. Schon nach wenigen Tagen hatte ich mich so an das Leibchen gewöhnt, dass ich gar nicht mehr wahrnahm, wenn ich es trug. Dennoch kam es sehr oft in die Handwäsche, weil ich sonst zu lange darauf hätte verzichten müssen. Mit Robert Schaufelberger, meinem damaligen Schulfreund, der ebenfalls Träger eines solchen T-Shirts war, ging ich dann zu Fuss an die Chilbi auf dem Milchbuck, wo zu meinem Erstaunen etwa jeder fünfte jugendliche Besucher ebenfalls ein solches Leibchen trug. Geld um irgend etwas an der Chilbi zu unternehmen, hatten wir beide keines mehr. Hauptsache, man war dabei.
Ein Jahr später galt das auffällige Leibchen bereits als völlig veraltet, man trug jetzt ein türis farbenes Hemd zu den Jeans. Davon kaufte ich mir dann gleich zwei Stück mit dem frischen Geld, das ich als Metzgerei-Ausläufer in den Frühlingsferien verdiente. Ein weiterer Träger dieses T-Shirts war Hans-Ruedi Hebeisen von den Buchwiesen 22, er liess sich sogar damit fotografieren, allerdings eher zufällig. Unter seinem Beitrag kann man die Foto sehen, siehe dort! Es ist die 2. Foto.
Diese schwarz-weiss gestreiften leibchen sind heute wieder erhältlich und zwar bei der Marke Diesel! Leider besitzt die OGS aus der Zeit von 1957 keine Fotos mit dem Leibchen. Sollte ein Besucher der OGS noch eine solche Foto von damals besitzen, dann würde ich sie sehr gerne hier publizieren. Bitte sich unter 'Kontakte' melden!