Der Verein lebte vom Juni 1965 bis zum Oktober 1967. Präsident war Rolf Springer (Kilchberg) und Kassier Arnold Wirz (Seebach, Wiedikon). Weitere echte Mitglieder mit Anmeldung gab es anfänglich nicht, jedoch noch 2-3 Gastfahrer aus Seebach, die Rolf Springer jedoch aus formalen Gründen wie Mitglieder behandelte, da sie ja mitfahren durften. Aus Kostengründen stand nur ein Kart zur Verfügung, Modell Hostettler, finanziert durch ein Darlehen des Vereinspräsidenten an den Klub und gekauft bei der Garage Balen, Schmiede Wiedikon, Zürich, mit 11 PS-McCulloch-Motor. Später wurde dieser ergänzt durch einen zweiten Kart mit einem Parilla-Motor mit 15 PS.
Der Klub nahm an Kartrennen im Rahmen einer nicht mehr genau bekannten Schweizer Meisterschaft teil, wobei ich mich noch erinnere, dass Rolf anfänglich bei den Debütanten und später bei den Amateuren fuhr. Klubintern vorgesehen war, dass dasjenige Mitglied an die Rennen ging, welches auf der Wohlemer Piste beim privaten Training die beste Zeit erreichte. Das war stets Rolf Springer, welcher bei den Rennen aber ohne sichtbare Fortschritte im mittleren Mittelfeld herum fuhr und mit dem Ausgang der Rennen nie etwas zu tun hatte. Immerhin fuhr er damals mit dem Parilla-Kart in Wohlen 46-Sekunden-Zeiten, während die Gastfahrer auf dem McCulloch-Kart entweder durch Abwesenheit glänzten oder kaum unter 50 Sekunden kamen. Die mangelhafte Leistung der Gastfahrer hing allerdings auch damit zusammen, dass diese mit dem leistungsschwächeren Kart fahren mussten, sodass meistens nur ein Fahrer zum Zuge kam, ehe der von mir nach Anleitung von Rolf frisierte Motor nach wenigen Runden in Rauch aufging.
Während Rolf Springer als Rennfahrer zum Einsatz kam, betrachteten die Gastfahrer ihre gelegentlich gedrehten Runden eher als Spass. Echt trainiert hat nur Rolf Springer, während ich den grössten Teil meiner Zeit mit Service- und Reparaturarbeiten beschäftigt war. Meine Aufgabe bestand nebenbei auch darin, den Mc-Culloch-Motor unter der strengen Aufsicht von Rolf Springer zu frisieren, was nur sehr bedingt gelang und in der Folge immer wieder zu Motorschäden führte, sodass diese Aufgabe später das dritte echte Klub-Mitglied namens Viktor (Nachname nicht mehr bekannt) aus Regensdorf ZH übernehmen musste, welcher gelernter Mechaniker war. Die vielen Motorschäden, die nicht vor Ort repariert werden konnten, führten dazu, dass sich die Gastfahrer nicht mehr sehen liessen. Zur Ehrenrettung des McCulloch-Rennmotors muss aber gesagt werden: Dieser lief einwandfrei, solange wir an ihm nichts änderten. Er hatte nur eine kleine Schwäche: Die Ansaugtrichter des Doppelvergasers konnten mit dem vorhandenenn Werkzeug nicht genügend fest angezogen werden, sodass sie sich wegen den Vibrationen während der Fahrt oft lösten.
Dessen ungeachtet nahm der Präsident Rolf Springer auf eigene Kosten bereits an einem Schnupperlehrgang für angehende Rennfahrer in Dijon teil, wobei er dort einen richtigen, kleinen Rennwagen mit Vauwee-1500 Motor fuhr. Das führte dann bei ihm zur Erkenntnis, dass er besser noch ein paar Jahre weiterhin Kart fuhr. Bei einem Gastfahrer, welcher ein- oder zweimal ein paar Runden drehen durfte, verflog die Begeisterung rasch, als er beim Anschieben stürzte und sich eine schmerzhafte Verletzung seiner Hüfte einhandelte. Diese heilte zwar aus, doch nach 40 Jahren begann das Leiden von neuem und erzwang eine Hüft-OP. Erst danach hatte der Gastfahrer dann Ruhe.
Der Klub litt, was seinerzeit bei den vielen Kart-Klubs normal war, stets an Geldmangel, da nur drei zahlende Mitglieder gefunden werden konnten und weil das Geld, welches Rolf Springer immer wieder einschoss, zum Kauf von Ersatzteilen für den McCulloch-Motor in einer mechanischen Werkstätte eines Herrn Athanassoglou in der Gegend um Buttwil AG am Lindenberg verbraucht wurde. Dieser besass eine Vertretung für McCulloch-Motoren, doch in seiner Werkstatt sah man kaum einen Kart, sondern eher Kettensägen und Rasenmäher.
Herr Athanassoglou war aber oft auf der Kartbahn Wohlen anzutreffen und fuhr dort mit seinem von ihm frisierten McCulloch-Kart Zeiten, die jenen der Parilla-Karts sehr nahe kamen. Er war damals in der Szene eine hervorstechende Persönlichkeit, war wortstark, hatte Witz und gab jedermann gerne Ratschläge. Er sprach nahezu perfekt Schweizerdeutsch, doch hörte man an seiner Betonung, dass er offensichtlich aus der Ägäis stammte. Und er verteidigte die Leistungsstärke der McCulloch-Motoren durchs Band und meinte immer wieder, dass ein gewiefter Motorenkünstler den McCulloch stärker als einen Parilla machen könnte. Meine eigene Erinnerung an seine Werkstätte ist nur noch sehr schwach. McCulloch produzierte erst seit 1958 Kartmotoren und stammte ursprünglich aus Wisconsin, verlegte sich dann nach Kalifornien und zuletzt nach Arizona. Heute gehört die Firma zum Husqvarna-Konzern und stellt keine Kartmotoren mehr her.
Nach knapp zweieinhalb Jahren hat Rolf Springer den Kart-Klub Seebach offiziell aus finanziellen Gründen, inoffiziell aber eher wegen Erfolglosigkeit aufgelöst, die klubeigenen Karts samt Zubehör verkauft und mit dem Erlös die Schulden des Klubs getilgt, die vornehmlich aus seinen eigenen Darlehen an den Klub bestanden. Bei der Liquidation des Klubs blieb noch eine Restforderung von ein paar hundert Franken übrig, welche der Präsident auf die Mitglieder verteilte, sodass jeder noch Geld nach zu zahlen hatte. Dabei sollten auch die Gastfahrer einen Obolus leisten, doch liessen zwei ihre angeblichen Schulden beim Klub offen, einer zahlte mit einem Goldvreneli und ich als Kassier und Mechanikergehilfe gab einen Teil meiner Briefmarkensammlung an Zahlung! Das war das traurige Ende des Kart-Klubs Seebach im Oktober 1967.