OGS Seebach - Beitrag

SKAG
Industrie – Maschinen – historisch
Dammstrasse 17-19 (1913, 1925, 1931), nach 1933 Andreasstrasse 17-19. Assek-Nr. 497. Ursprünglich hiess die Firma Hermann Hüttis Kupplungen, doch fand sich auch die Bezeichnung Hermann Hüttis Maschinenfabrik. 1913 wird sie erwähnt als H. Hüttis, Ingenieur, sowie mit dem Zusatz: Fabrik für Maschinen, Automobile, Werkzeugmaschinen etc. Gegründet 1906 durch den aus Aachen, Deutschland, stammenden Hermann Hüttis an der damaligen Diana- und späteren Siewerdt-Strasse durch Übernahme der Werkstätten von Bally & Ölhafen. Die Firma war also ursprünglich eine Ã?rliker Fabrik. Der Umzug von Örlikon nach Seebach erfolgte 1912. Anfänglich war es eine kleine mechanische Werkstätte, welche sich zum Ziel setzte, die bisherigen Konuskupplungen, die hierzulande immer noch in Kraftwagen zum Einbau gelangten, durch die neuen Lamellenkupplungen zu ersetzen. Ferner bemühte man sich aber auch um den Kraftfahrer selbst und bot sich als Autoreparaturwerkstätte an. Auch der Verkauf von Benzin und Öl gehörte dazu. Das war noch 1925.

Nachforschungen des Automobilhistorikers Hanspeter Bröhl förderten Folgendes zutage: In der Zeitschrift «Motor» vom Mai 1919 findet sich der Hinweis auf eine «Steuerungs- und Kupplungen AG» als Ã?bernahmefirma der Hermann Hüttis Maschinenfabrik. Ferner gab es in Aachen 1906/07 eine Firma namens «Hüttis & Hardebeck», welche stattliche Automobile herstellte. Es scheint somit, dass Hermann Hüttis dort in erster Linie Mitinhaber der Motorwagenfabrik gewesen ist und schon 1906 in die Schweiz übersiedelte, um hier in Örlikon die neuen Lamellenkupplungen zu produzieren. Dass er 1906/07 in Aachen auch Automobile herstellte, lässt den Firmenzusatz von 1913 «Fabrik für Maschinen, Automobile, Werkzeugmaschinen etc.» in einem etwas anderen Licht erscheinen. Ein Vergleich einer Foto eines Hüttis & Hardebeck-Autos mit jenem Wagen, den der frühere Gemeindepräsident Caspar Wüst 1910-14 fuhr, lässt kaum mehr Zweifel daran, dass Hüttis seine Autos auch der Schweiz verkaufte.

In Wikipedia findet sich zu dieser Firma folgender Beitrag:

"«Motorwagen-Fabrik Hüttis & Hardebeck»: Die Motorwagenfabrik Hüttis & Hardebeck war ein deutscher Nutzfahrzeug- und Automobilhersteller, der von 1906 bis 1907 in Aachen ansässig war. Gebaut wurden Lastkraftwagen und Personenwagen mit 10 PS, 24 PS und 28 PS Leistung. Ende 1907 wurde der Betrieb von der Scheibler Automobil-Industrie GmbH übernommen, wobei fortan unter dem neuen Firmenname MULAG nur noch LKW produziert wurden. Mit dem Ankauf und der Spezialisierung versprach sich Scheibler, aus seit 1905 bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten herauszukommen. Der Name «Hüttis & Hardebeck» spielte danach im Automobilbau keine Rolle mehr."

Im Verzeichnis der Deutschen Automobilmarken bis 1918 wird die Firma «Hüttis & Hardebeck» erwähnt, doch finden sich unter Google zu dieser Automarke keine Fotos. Die bis jetzt einzige Foto stammt aus der «Allgemeinen Automobil Zeitung» Nr. 8/1906 und berichtet von der Berliner Automobil-Ausstellung vom 1.-13.11.1906, wo 4 verschiedene Typen von Hüttis & Hardebeck-Wagen ausgestellt waren. Es wird auch berichtet, dass die Firma an der Ausstellung gleiche mehrere Bestellungen des ultramarinblauen Wagens entgegen nehmen konnte. Ob die Urheberrechte an dieser Foto bereits abgelaufen sind, konnte die OGS bis jetzt noch nicht ermitteln, daher kann die Foto aus obiger Zeitung vorerst nicht gezeigt werden.

Mit der Einschätzung, dass die neu entwickelten Lamellenkupplungen die bisherigen Konuskupplungen auch in der Schweiz ablösen werden, lag Hermann Hüttis richtig und er konnte bald FBW Wetzikon und Arbenz Albisrieden beliefern. Für die Maschinenbau AG in Seebach lieferte Hüttis auch ein paar Einzelstücke kleinerer Dimension für den dort in Erprobung befindlichen Personenwagen «Seebacher», dies möglicherweise in der Hoffnung, auch auf dem PW-Sektor Fuss fassen zu können. Dieser Hinweis ist aber zu relativieren, da die Maschinenbau AG auch den Prototypen eines LKW in Erprobung hatte und somit eine Verwechslung vorliegen könnte. Da Jakob Wehrli ursprünglich in der PW-Produktion der Maschinenbau AG tätig war, könnten jüngere Kunden seiner späteren Rössli-Garage vielleicht dazu noch etwas sagen. Inzwischen ist diese Hoffnung aus Altersgründen nicht mehr aktuell, denn die jüngeren Kunden wären jetzt so um 100 bs 110 Jahre alt.

Das Geschäft des Hermann Hüttis gedieh jedenfalls so gut, dass er dringend nach einer grösseren Fabrikliegenschaft Ausschau halten musste.
Ein glücklicher Zufall wollte es, dass er von Schäffer & Budenberg GmbH, ebenfalls eine Firmengründung durch Deutsche, deren Fabrikliegenschaft an der ganz in der Nähe gelegenen damaligen Damm- und heutigen Andreasstrasse erwerben konnte. Das Fabrikgebäude wurde erst 1896 neu erstellt und war noch in sehr gutem Zustand.

Hüttis erweiterte seine Produktion mit Steuerungen, verstarb aber im Alter von nur 41 Jahren im Jahre 1918. Eine Gruppe von Unternehmern übernahm daraufhin die Firma und wandelte sie in eine AG um mit dem neuen Namen SKAG AG, was das Kürzel für Steuerungen und Kupplungen AG ist. Für die darbende Seebacher Gemeindekasse war diese Umwandlung ein Glücksfall, soll sie doch Fr. 60'000.-- in die Gemeindekasse gespült haben.

Im Jahre 1922 erlitt die Firma durch die Inflation in Deutschland grosse Verluste. Die nachfolgenden Jahre, verbunden mit dem Zusammenbruch der Schweizer Autoindustrie, setzten der Firma derart zu, dass es zu einer Ã?bernahme durch die Göppinger Firma «Schuler-Pressen» kam. Unausweichlich führte dies zu mehrmaligen Wechseln der Firmenleitung.
Erst mit der Ã?bernahme durch die Schweizer Familie May kam wieder Kontinuität in die Firma. Allerdings produzierte die SKAG infolge der Weltwirtschaftskrise und dem zweitem Weltkrieg auf Sparflamme. Um 1931 verwendete die Firma im Adressbuch den Namen «Steuerungen und Kupplungen AG» und nicht etwas das Kürzel «SKAG». Zu diesem Zeitpunkt war auch ein Teil des Fabrikgebäudes untervermietet an die Firmen Metallverchromung AG und an die Manometer AG.

Von etwa 1940 bis um 1950 war in einen Teil des niedrigen Fabrikbaus der SKAG die Firma Micro-Maag eingemietet.

Um 1944 übernahm J. Schäppi die Firmenleitung.
Mit der Ã?bernahme der offiziellen Kundendienststelle der Zahnradfabrik Friedrichshafen für die ganze Schweiz, ging es wieder vorwärts.
ZF produzierte damals Schaltgetriebe und Lenkungen. Später kamen Automatengetriebe, Baumaschinengetriebe, Achsen, Bootsantriebe usw. dazu. Zur Betreuung dieser umfangreichen Produktpalette richtete SKAG Reparatur- und Umbauwerkstätten ein. Ende 1979 trat J. Schäppi nach 35-jähriger erfolgreicher Geschäftstätigkeit in den Ruhestand.
Neuer Geschäftsleiter wurde Josef Kaufmann. Er gründete in Genf eine Filiale, die um 1983 bereits 10 Mitarbeiter umfasste. Das Angebot wurde mit Produktionspressen ergänzt. Zusätzlich übernahm er 1982 die Generalvertretung für die Pressen der SMG-Schuler-Gruppe, einer Firma notabene, welche in den 1920er Jahren vorübergehend Besitzerin der SKAG war.

1981 feierte man zusammen mit der Familie May das 75-jährige Geschäftsjubiläum. In Seebach waren um 1983 rund 50 und insgesamt 60 Mitarbeiter beschäftigt. 1983 liess die SKAG 14 Parkplätze hinter dem Haus Nr. 19 erstellen. Die Firma wurde am 14.8.2001 aus dem Handelsregister gelöscht. Die Liegenschaften wurden schon zuvor (2000) abgetragen und durch Neubauten ersetzt.

Die OGS erhielt kürzlich ein paar Fotos, welche den Arbeitsplatz des früheren Mitarbeiters Fritz Willner bei der SKAG im Jahre 1948 zeigen. Fritz Paul Willner-Killer lebte vom 1.7.1915-12.8.2007 und war ursprünglich gelernter Mechaniker. Über seine ersten Berufsjahre ist wenig bekannt. Erst für das Jahr 1944 fanden sich 2 Fotos, welche angeschrieben sind mit: Feuerthalen, Mess- und Prüfraum. Der Name dieser Firma konnte noch nicht ermittelt werden. Vermutlich nach dem 2. Weltkrieg trat er in die SKAG ein und konnte sich neben seiner Arbeit bis 1953 weiterbilden im Bereich Maschinen- und Werkzeugbau. Das wird insofern bestätigt, als er bereits 1948 an einem Zeichenbrett abgebildet ist. Es ist aber nicht bekannt, von wann bis wann sein Einsatz bei der SKAG dauerte, vermutlich aber nur bis in die ganz frühen 1950er Jahre.

Danach machte er sich selbständig und war erfolgreich tätig im Verkauf von Edelstahl (Rohmaterial und Halbprodukte). Er übernahm offenbar jeweils die Werksvertretungen in der deutschen Schweiz, einige Male aber auch für Gebiete in Deutschland und in den Niederlanden, wo er hauptsächlich Grosskunden betreute. Genannt wird namentlich sein Einsatz für die Phönix Stahl AG in Duisburg für das Jahr 1953. Er arbeitete im Stahl-Handel bis zu seinem Rückzug ins Altenteil im Jahre 1980. Bis etwa 1960 wohnte er in Zürich-Heuried, dann bis 1972 in Zürich-Höngg und danach bis zu seinem Hinschied 2007 in einer Eigentumswohnung in Zollikerberg ZH. Diese Angaben stammen von seinem Göttikind aus Schwamendingen. Die OGS hat die Foto, wo Fritz Willner im September 1953 mit eine Gruppe von Kunden der Phönix AG im Schloss Schönbrunn abgebildet ist, mit Absicht hier publiziert, obwohl er damals kaum mehr bei der SKAG arbeitete. Vielleicht erkennt jemand die eine oder andere Person und kann der OGS weitere Infos liefern. Die Namen der Kundenvertreter sind (Lesefehler vorbehalten) v. l.n.r:

Herr Zielmann von der Firma Küeni in Allschwil
Herr Kleger von der Werkzeugmaschinenfabrik Ã?rlikon
Herr Escher von der Firma Baumann in Rüti
Herr Albrecht von der Direktion der Phönix AG
Herr Leutert von der Firma Wartmann in Brugg
Herr von Allmen von der Firma Wild in Muri (?)
Herr de Blanc von der Firma Roche in Rolle
Herr Schmutziger von der Firma (?) in Wädenswil
Herr Mäder von der Menagerie Murten

Quellen:
- «Unser Seebach» 1983, 96
- Örliker Orts-Chronik, 1959, 139
- Adressbuch 1931-33 von Örlikon, Seebach, Schwamendingen und Affoltern
- Erwin Lori (Hinweis auf Adressbuch)
- Sybille Eugster Straubhaar (Angaben zu Fritz Willner)
- Halwart Schrader: Deutsche Autos 1886Â?1920. 1. Auflage. Motorbuch Verlag Stuttgart (2002). ISBN 3-613-02211-7. Seite 211 (in Wikipedia genannt)
- Günther Schnuer: Der Automobilbau in Aachen 1896-1928. Ein Beitrag zur Technik- und Industriegeschichte, Meyer & Meyer, Hannover, 1990 (in Wikipedia genannt)
- Hanspeter Bröhl (besorgte alle noch verfügbaren Infos zum Auto)
- Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 8/1906 (Bericht über die 4 Wagentypen)

SKAG (1912)

Diesen Hüttis & Hardebeck-Wagen fuhr Caspar Wüst bis etwa 1914. Er besass das ultramarinblaue 24 PS-Modell mit grosser Windschutzscheibe. Die Foto wurde der OGS von Ines Meyer freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

SKAG (1925)

Hier erfährt der geneigte Leser, dass die SKAG noch 1925 auch eine Autoreparaturwerkstätte war und nebst einer Garage auch den Verkauf von Benzin und Öl pflegte.

SKAG (1931)

Ein Inserat der SKAG aus dem Jahr 1931, publiziert im Adressbuch von Örlikon, Seebach, Schwamendingen und Affoltern.

SKAG (1948)

Hier sieht man eine Maschine, an welcher Fritz Willner damals nebst anderen arbeitete.

SKAG (1948)

Hier sieht man gleich mehrere Maschinen in jener Werkstätte, wo Fritz Willner arbeitete.

SKAG (1948)

Hier sieht man Fritz Willner bei seiner Arbeit am Zeichenbrett.

SKAG (1948)

Ein weiterer Arbeitsplatz in der SKAG, offenbar im Konstruktionsbüro.

SKAG (1948)

Einige Mitarbeiter der SKAG während der Pause. Ganz links aussen Fritz Willner. Vielleicht erkennt sich jemand wieder und meldet sich!

SKAG (1953)

Hier sieht man Fritz Willner als zweiter von links in der Rolle des Kundenbetreuers der Phönix Stahl AG während einem Besuch des Schlosses Schönbrunn bei Wien. Die Namen der Herren sind im Text genannt, siehe dort!

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