Aspstrasse 59 bis 1933, alte Rümlangstrasse 59 bis 1959, Rümlangstrasse 59 bis 1961, seither Rümlangstrasse 89-91. Neue Assek.-Nr. 600. Da das Gebäude erst 1910/11 erbaut wurde, gab es keine alte Assek-Nr. Die Steinfabrik Caspar Wüst war die erste Zementsteinfabrik (genauere Bezeichnung: Quarzsand-Kunststeinwerk) in der Schweiz und wurde 1910 gegründet, nachdem Caspar Wüst mit seiner Maschinenfabrik 1908 in finanzielle Nöte geriet, sein Betrieb durch die Schweizerische Kreditanstalt refinanziert werden musste und er in der Folge aus dem Betrieb ausscheiden musste. Der Standort der Fabrik war insofern gut gewählt, als in unmittelbarer Nähe der zur Fabrikation benötigte Quarzsand gefördert werden konnte. Standort im Quartierteil Binz, heute Asp genannt. Telefon-Nr. 1915: 9737, Telegramm-Adresse: Steinfabrik Seebach.
Die Steinfabrik war eine Fabrik für Kunststeine, so verrät es das Adressbuch von Seebach 1913. Bei den Kunststeinen handelte es sich natürlich nicht um künstlerisch hergestellte Steine, sondern ganz schlicht und einfach um künstlich gepresste Steine, welche mit gebranntem Kalk als Bindemittel produziert wurden. Caspar Wüst betrieb gemäss Brandassekuranz-Akten einen eigenen Kalkofen. Gemäss Wikipedia besteht die Herstellung von Kalksandstein nach dem Verfahren von Anton Bernhardi aus folgenden Prozessschritten:
1. Brennen von Kalk, 2. Mischen von gebranntem Kalk und Quarz-Sand im Verhältnis 1:12 mit Wasserzugabe 3. Formpressung 4. Härtung unter Dampfdruck
Alexander Hug schreibt dazu: "Die Einträge im Brandassekuranzbuch dokumentieren einen Vorwärmer, der zum Brennen von Kalk benötigt wird, und einen Kalkofen, aber keinen Zementofen. Die Fabrik verfügte weiterhin über einen Dampfkessel, welcher den Dampf für das Aushärten erzeugt haben könnte. Allerdings konnten keine Hinweise auf einen Zementofen und eine Klinkermühle gefunden werden, Maschinen, die bei der Zementproduktion gebraucht werden. Die Ansicht der Fabrik von 1915 zeigt den Prozess der Kalksandsteinherstellung von links nach rechts recht schön: links der Silo mit dem Kalk mit der Beschickung des Ofens über Förderanlagen. In der Fabrik die Formung der Steine und ganz rechts dann die Dampfhärtung, das verrät der Hochkamin. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass Caspar Wüst Kalksandsteine herstellte und nicht Zementsteine."
Der Briefkopf der Steinfabrik war, wie früher üblich, mit einer Zeichnung des Fabrikgebäudes versehen. Einen solchen Briefkopf fand Alexander Hug. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Produktion eingestellt und die Fabrikliegenschaft verkauft. Das lag allerdings daran, dass der Inhaber Caspar Wüst, Gemeindepräsident von Seebach, 1916 verstarb. In Betrieb war die Steinfabik von 1911 bis 1918, was dann mit den Angaben in der Seebacher Orts-Chronik "Unser Seebach" fast übereinstimmen würde. Caspar Wüst wohnte privat an der Zürichstrasse nahe des Felsenrainplatzes in der Villa Selina. 1921 erfolgte ein Teilabbruch der alten Fabrikhalle.
Stollenbahn
Emma Schulthess-Meier erzählte in ihren Memoiren davon, dass es im Leimgrübel einmal eine Grube gegeben habe mit einer Stollenbahn. Sie bezeichnete die Bahn als Stollenbahn, andere Zeitzeugen nannten sie Grubenbahn. Die OGS recherchierte lange, konnte aber keine Grube im Binz ausfindig machen, wo es eine solche Stollen- oder Grubenbahn gegeben haben könnte. Obwohl es fast unwahrscheinlich klingt, dass es in Seebach einmal eine solche Stollenbahn gegeben hat, so ist Emma Schulthess-Meiers Aussage über jeden Zweifel erhaben, denn der OGS ist noch in Erinnerung, dass ältere Buben vom Binz um 1956 ebenfalls von einer Stollenbahn gesprochen haben. Sie schrieb Stollenbahn, weil die Bahn durch einen kurzen Stollen fuhr und des nachts in den späteren Holderhölen abgestellt wurde. Ausserdem haben sich alle Seebach betreffenden Aussagen in den Memoiren von Emma Schulthess-Meier bis heute als richtig erwiesen.
Die Frage, wo diese Stollenbahn betrieben wurde blieb offen, bis die OGS von der Enkelin Caspar Wüsts eine Ansichtskarte ausgeliehen bekam, auf welcher die Stollenbahn zu sehen ist. Und siehe da: Sie befand sich auf dem Areal der ehemaligen Steinfabrik von Caspar Wüst und führte von den Sandsteinfelsen zum Fabrikationsgebäude hinunter. Die Ansichtskarte trug den Poststempel 1.1.1912 und ist die dritte und vierte Foto nebenan. Die 3 unteren Fotos nebenan wurden alle im Auftrag von Caspar Wüst im Jahre 1911 erstellt, das wusste seine Enkelin noch ganz genau. Leider ist aber der Name des beauftragten Fotografen nicht mehr bekannt, weshalb sie die OGS unter dem Namen von Caspar Wüst publiziert, da er der Auftraggeber war. Da die Elektrothermischen Werke schon vor der Steinfabrik existierten und ihren Glimmersand ebenfalls von diesem Steinbruch bezogen, wäre es denkbar, dass die Grubenbahn noch von dieser Firma erstellt wurde und dass beide Firmen die Bahn von 1911 bis 1912 gemeinsam betrieben haben. Wann die Elektrothermischen Werke ihren Betrieb aufnahmen, ist noch nicht ermittelt, jedoch war es vor der Steinfabrik des Caspar Wüst. Ab 1912 wurde die Bahn nach dem Unglück in den Elektrothermischen Werke nur noch von der Steinfabrik Caspar Wüst betrieben.
Geologisches zum Sandsteinbruch
In der Grube fand man glimmerreichen Sandstein mit vielen Knauern. Der Sandstein gehört zur oberen Süsswasser-Molasse und ist eine alte Schüttung aus der Zeit um 12 bis 18 Mio. Jahren vor heute. Sie wurde von trägen, mäandrierenden Flüssen aus den Ostalpen über das Donaugebiet zu uns naxh Seebach und ins ganze Mittelland getragen und später durch neue Schichten überdeckt, welche dann während den Eiszeiten von den Gletschern wieder erodiet wurden, sodass die Molasseschicht heute im Norden Seebachs meist offen zutage tritt.
Von Interesse ist zudem, dass die Käshalden-Sandsteinfelsen noch 1912 teilweise bis an die Aspstrasse (heute Rümlangstrasse) heran reichten, wie man auf der Foto nebenan sehen kann. Erstmals wurde in dieser Grube 1867 Sandstein abgegraben. Zum einen vermutlich für Bauten in der Köschenrüti (z. B. die alte baufällige Scheune an der Käshaldenstrasse, dann durch den Ziegler Jakob Benninger, durch die MFO für ihre Giesserei, dann auch für die Elektrothermischen Werke an der Aspstrasse und zuletzt noch durch die Steinfabrik von C. Wüst.
Nachfolger der Steinfabrik
Nächster Inhaber der Liegenschaft nach Caspar Wüst an der Aspstrasse 59, im Brandassekurationsverzeichnis auch Binzsztrasse (!) genannt, war dann von 1918 bis 1921 die Genossenschaft der Zürcher Ziegeleibesitzer.
Von 1921-1924 war die Liegenschaft im Besitze eines Anton Duso. Er war aber 'nur' Eigentümer, denn für diese Zeit wird bereits Heinrich Sieber mit Söhnen als Metallgiesser erwähnt.
1924-1931 hiess der Eigentümer Robert Müller von Zürich. Für diesen Eigentümer findet sich im Adressbuch von Seebach von 1931 kein Eintrag, was bestätigt, dass auch er 'nur' Eigentümer, aber nicht Besitzer war. Es war, wie schon erwähnt die die Metallgiesserei Sieber & Söhne, die ihren Betrieb schon 1921 aufnahm und somit der gesuchte Mieter war.
Von 1931 bis 1932 gehörte die Liegenschaft der Steinmühle AG, Zürich, welche aber im Adressbuch von Seebach von 1931-1933 nicht vermerkt ist. Auch sie war 'nur' Eigentümer. Für 1931 besitzt die OGS dann endlich schriftliche Unterlagen über den späteren Eigentümer Sieber & Söhne im Adressbuch von 1931, was bestätigt, dass die Siebers ihren Giessereibetrieb tatsächlich schon 1921 aufnahmen, die Liegenschaft aber erst später erwarben.
Von 1932 bis 1945 gehörte die Liegenschaft dann der Metallgiesserei Sieber & Söhne, siehe dort! Es heisst allerdings, dass die Metallgiesserei Sieber Seebach schon in den späten 1930er jahren in Richtung Uster verlassen habe. Über die Eigentumsverhältnisse ab dem Wegzug bis 1945 ist der OGS noch nichts Näheres bekannt.
Um 1945 folgte ein Filmstudio nicht mehr bekannten Namens, welches aber wegen dem Fluglärm durch die Flugzeuge, die auf der Bisenpiste starteten, in der Filmproduktion gestört wurde. Das wäre ab November 1947 der Fall gewesen, als der Flughafen Kloten seine Tore öffnete.
Seit 1948 befindet sich die Firma Okey AG, Spezialmaschinen, auf diesem Gelände. Sie hatte das Fabrikgebäude schon 1945 erworben, hatte ihren Firmensitz bis dahin an der Binzmühlestrasse. 1948 erfolgte der Abbruch der letzten alten Gebäude und ein Neubau; Das alte Wohnhaus wurde 1968 abgetragen und durch einen Erweituerungsbau ersetzt. Einige Jahre später wurde die alte Fabrikhalle in zwei Etappen vollständig erneuert. Mehr Details siehe unter Okey AG!
Der obige Bericht fusst auf zahlreichen fragmentarischen Unterlagen und muss vermutlich noch in einzelnen Punkten präzisiert werden. Da es schon ziemlich lange her ist, fliessen die Infos nur noch spärlich ein, aber es kommt fast jedes Jahr etwas Neues hinzu.
Quellen: - «Unser Seebach, 1983, 93 - OGS-eigene - Ines Meyer, Enkelin von Caspar Wüst (Ansichtskarte) - Alexander Hug, dipl. Geologe Uni ZH (Hinweis auf den Kalkofen, die Kalsteinherstellung und den Briefkopf der Steinabrik) - Brandassekuranz-Eintrag - Wikipedia (Herstellung von Kalksandstein nach Anton Bernhardi)
Das Bild zeigt die Steinfabrik von Caspar Wüst, ganz offensichtlich mit einem Baugerüst, was vermuten lässt, dass die Aufnahme aus der Frühzeit der Firma stammt. Die Foto stammt vom Ortsmuseum Seebach.
Hier sieht man die Steinfabrik von Caspar Wüst. Die Foto fand sich in «Unser Seebach», Seite 93. Fotograf und genaues Jahr unbekannt. Copyright Caspar Wüst.
Das Bild zeigt die Steinfabrik und ganz links unten die Grubenbahn. Die Ansichtskarte ist eine von mehreren, welche Caspar Wüst anfertigen liess. Der Fotograf ist noch nicht ermittelt.