Schuhmacher, geboren am 18.2.1862, Sohn des Jakob Wettstein und der Barbara Wettstein, geborene Wüst, in der Waid. Gemeinderat (1910), zuständig für die Finanzen. Er wohnte bis etwa 1905 an der Seebacherstrasse 64 (alt), 107 neu, in einem kleinen Häuschen bei der Abzweigung Köschenrütistrasse, welches er von Salomon Wüst übernahm, der 1884 verstarb. Als er in ein neues Haus gegenüber dem Restaurant Bürgli umzog, welches die Assek.-Nr. 286 trug, übernahmen die Scheuermeiers das kleine Häuschen. Als die letzten zwei ledigen Geschwister (E. Scheuermeier, Magaziner und J. Scheuermeier, Strassenarbeiter ) starben (nach 1950), übernahm die Stadt das Häuschen. Diese verkaufte es 2009 wieder und kurz danach erfolgte eine Renovation.
Gottfried Wettstein war ausser Schuhmacher und Gemeinderat auch Präsident des Verschönerungsvereins Seebach (VVS) von 1915-16. Er war nebenamtlich auch noch Verwalter der Sparkasse Seebach. Wer es gewohnt ist, sich in den Wandelhallen und Grossraumbüros der UBS zu bewegen, würde vielleicht ein ganz klein bisschen erschrecken, wenn er in der Zeit 80 Jahre zurückversetzt, einen Bankbesuch bei der Sparkasse Seebach machen könnte. Denn der Eingang zur Bank war identisch mit dem Eingang zur Schuhmacherei. Beim Empfang das gleiche Bild: Kein Portier in pinguinartiger Uniform, sondern ganz schlicht der liebe Schuhmacher höchstpersönlich auf seinem Arbeitsstuhl und mit einer Ahle und derbem Zwirn am «büezen».
Nach der Begrüssung und der Frage nach dem Wunsch erhob sich der Schuhmacher und begleitete den Bankkunden in seine gute Stube, wo man sich gemeinsam an den Esstisch setzte und ganz unkompliziert und ohne jegliche Förmlichkeit das Geschäft erledigte. Wenn dabei auch ein paar Banknoten den Besitzer wechselten, dann begab sich Gottfried Wettstein ins eheliche Schlafgemach, wo ein kleiner Kassenschrank in einer Ecke stand und fischte sich die paar Lappen heraus oder legte die einbezahlten «Grampolscheiben» in den dunkelbraunen Münzständer mit der bronzefarbenen Skala. So wars damals. Die Zeiten ändern sich.
Mit den «Grampolscheiben» sind die alten Fünfliber gemeint, die es noch bis 1928 gab, welche um einiges grösser waren als heute. Um wieviel sie aber tatsächlich grösser waren, erkennt man besonders schön auf einer Collage des Seebachers Beat Czybik aus dem Jahre 2011. Grampol war ein damaliges Modewort für Lärm, welcher durch das Zusammenstossen von Billardkugeln entsteht, von französisch caramboler, carambolage (Idiotikon II, 739). Beim Fünfliber war jener Lärm gemeint, welcher entstand, wenn man eine solche Riesenmünze so auf den Tisch warf, dass sie noch eine Weile lang rotierte. Siehe Foto nebenan!
Auf dieser Collage von Beat Czybik sieht man sehr schön den Grössenvergleich zwischen einer Grampolscheibe und einem heutigen Fünfliber. In Bildmitte die Grampolscheibe von 1923 und darunter der heutige Fünfliber.