Eigentlich fliegen Ballone gar nicht, sondern sie fahren, genauso wie Zeppeline oder Schiffe, doch ist sich der Volksmund dieses kleinen physikalischen Unterschiedes meistens nicht bewusst.
Die Druckerei Gebrüder Fretz AG veranstaltete im Jahr 1960 aus Anlass ihres 100-Jahr-Jubiläums einen Ballonweitflug-Wettbewerb mit Prämierung, wobei die Teilnehmer einen gasgefüllten Ballon bekamen und an dessen Schnurende eine Postkarte mit einer Foto einer Swissair DC-8 befestigen mussten, worauf die Adresse des Besitzers zu vermerken war. Auf der Postkarte wurden die Finder eines solchen Ballons aufgefordert, diese Karte an die Gebrüder Fretz zu senden und wessen Ballon die grösste Distanz bewältigte, bekam einen grossen Preis. Die Karten waren vorfrankiert. Massgeblich war dabei der Fundort des Ballons. Da Ballon und Postkarte gratis abgegeben wurden, stand ich zweimal an, um auch eine Farbfoto für meine Flugzeugfotosammlung zu ergattern. Da sie urheberrechtlich geschützt ist, darf ich sie leider hier nicht zeigen.
An die Preise der Gewinner kann ich mich nicht mehr erinnern. Doch selbstverständlich gab es auch Trostpreise für die weniger erfolgreichen, zu denen ich dann gehörte. Mein Ballon fuhr bis zum Starnbergersee, was offenbar für einen Spitzenplatz nicht ausreichte, denn ich bekam als Trostpreis ein kleines Büchlein mit Anleitungen zum Bau von Kartonflugmodellen. Das Büchlein war ebenfalls aus dem Fretz-Verlag. Dieses blieb noch viele Jahrzehnte in meiner Büchersammlung, ehe es wichtigeren Exemplaren Platz machen musste.
Die Gebrüder Fretz waren früher eine bekannte Druckerei in Zürich. Auch einen Verlag dieses Namens gab es. Sie erlangten ihre Bekanntheit mit dem Fretz-Fahrplan der SBB. Ein Verwandter dieser Gebrüder, Robert Fretz, war bei der Swissair als Vorgesetzter zuständig für den Betrieb am Boden (Chief Ground Operations) und zuvor Flugkapitän, was vielleicht zu erklären vermag, warum auf den Postkarten an den Ballonen ein Swissair-Flugzeug abgebildet war.
Und warum so viele Teilnehmer das Büchlein über die Kartonflugzeuge erhielten, könnte vermutlich der ehemalige Lagerchef der Druckerei am besten erklären. Der Startort lag beim Restaurant Falken an der Hertensteinstrasse.