Am 8. März 1956 fanden im Landhussaal zwei Vorführungen der Firma Simat AG von Zürich-Altstetten statt, der Herstellerin einer Strickmaschine, wobei dort das Modell Imperial vorgestellt wurde. Der Saal war beide Male bumsvoll, da zahlreiche Hausfrauen alle ihre Freundinnen aufboten und da nicht wenige gleich ihren Mann mitnahmen, in der Hoffnung, dass die recht gewieften Verkäufer selbigen auch gleich zum Kaufe einer Strickmaschine überzeugten. Der Vorführung voraus ging allerdings ein sehr geniales Vorgehen, indem eine Hausfrau in Seebach eine Imperial probeweise nach Hause geliefert bekam und in die Arbeit mit der Maschine fachmännisch eingeführt wurde. Als sie in der Lage war, diese virtuos genug zu bedienen, hatte sie die Aufgabe alle ihre Freundinnen und bekannten Nachbarinnen zu einer Heimvorführung einzuladen.
Dies überzeugte immer mehr Hausfrauen, dass sie diese Maschine unbedingt auch haben mussten, denn damit konnte man einen Pully in einem Zehntel der Zeit «lismen». Nachdem nun ein Dutzend Hausfrauen so bearbeitet waren, folgte ein sehr guter Artikel in den «Seebacher Nachrichten», geschrieben von einer Hausfrau Rosmarie. Gleichzeitig wurde die Vorführung im Landhus gross angekündigt. Diese Mitteilung ging wie ein Lauffeuer durch ganz Zürich-Seebach und vermochte letztlich über 100 Personen in den Saal zu locken.
Die Hoffnungen der Hausfrauen gingen auf und die Vertreter, einer von ihnen hiess Stucki, vermochten die mitgebrachten Ehemänner problemlos zu überzeugen, ihren Frauen eine solche Maschine zu kaufen. Selbstverständlich war es möglich, sie in 12 Raten abzustottern, denn ihr Preis war für die damalige Zeit doch recht hoch. Auch meine Eltern gingen an die besagte Vorführung und sie kamen mit einem Abzahlungsvertrag wieder nach Hause. Schon wenige Tage später kam ein Vertreter von Simat AG, montierte die Maschine am Stubentisch und unterrichtete die Mutter während etwa einer Stunde. Im Anschluss an die Schnellbleiche war es dann noch bitter nötig, das Gerät besser beherrschen zu lernen, was dann die eifrigen Hausfrauen noch monatelang durch gegenseitige Ratschläge taten. Jedenfalls dürften sich die «Wullelädeli» der Umgebung sehr gefreut haben über den markanten Anstieg der Wollstrangenverkäufe.
Meine Geschwister und ich bekamen innert kürzester Zeit alle mindestens einen neuen Pulli. Wohl an die 10% des Haushaltungsgeldes floss fortan in die Beschaffung von Wollstrangen. Das «Lismen» mit der Strickmaschine war sehr einfach und ich durfte an meinem Pully sogar einige Zentimeter selber stricken. Es ging genau so lange gut, als man stets die gleiche Maschenzahl hatte. Beim Abnehmen übernahm dann wieder die Mutter die Kontrolle.
Schon nach ein paar Monaten war der ganze Spuk vorbei. Irgendwann wollte man wieder einen freien Stubentisch und so verschwand die Strickmaschine im Kartonkoffer und wurde ein paar weitere Monate noch diskret in einer Ecke gesichtet. Irgendwann landete sie im Estrich, vermutlich noch bevor der letzte Einzahlungsschein abgestempelt war.
Ein Hinweis sei noch vermerkt: An der Qualität und an der Leistung der Maschine gab es nichts zu rütteln. Noch 15 Jahre später hat meine grosse Schwester die alte Maschine von der Mutter übernommen und viele Sachen für ihre Kinder gestrickt. Ein kleines Fragezeichen muss man aber hinter der Art und Weise des Vertriebs stellen, der viele Hausfrauen zu einem unnötigen Kauf veranlasste. Doch nachher ist man immer gescheiter.
Quellen: - OGS-eigene - Seebacher Nachrichten Februar, März 1956