Die zweitälteste Hypothese zu diesem Thema ist bis heute überhaupt noch nie publiziert worden, geisterte aber bei den alten Seebacher Bauern als «rückwärtsfliessender, alter Katzenbach» noch in den Köpfen herum. Den Geologen dürfte die Geschichte vermutlich unbekannt gewesen sein, doch haben sie sich sicher Gedanken gemacht über die besonderen Umstände der Fliessrichtung des Schuhmattbaches. Nur gab das Einzugsgebiet des geologisch nicht so wichtigen Katzenbachs kaum je Anlass für eine grossangelegte Untersuchung. Spätestens bei den Aushubarbeiten im Glattpark dürften die Geologen aber die unübersehbaren Spuren bemerkt und ihre Schlussfolgerungen gezogen haben.
Um dieser Geschichte folgen zu können, muss man die Wildkarte von 1850 zur Hand nehmen (in Benningers Flurnamenbuch von Seebach, Seite 7). Dort sieht man sehr schön, dass etwas nördlich vom heutigen Katzenbachlauf im Oberhauser Ried eine bogenförmige, höher gelegene, gelbliche Gegend in ein sumpfiges Gebiet hineinragt, an dessen östlicher Spitze das Schürliholz eingezeichnet ist. Dieses leicht höher gelegene Gelände ist nichts anderes als das ehemalige Katzenbachdelta! Es entstand in seinen Ursprüngen schon kurz nach dem Rückzug des Gletschers, also in der Zeit von 20'000 bis 15'000 Jahren v. h. und ist ein Ã?berrest des Katzenbach-Sanders. Der alte Katzenbach benützte auch später weiterhin dieses Delta und schüttete es im Laufe weiterer Jahrtausende so weit auf, dass er bei Niedrigwasser nicht mehr die Kraft hatte, das Wasser im überhöhten Bachbett zu transportieren.
Bäche neigen dazu, immer in jene Richtung zu fliessen, wo es am schnellsten bergab geht. Das ist eine physikalische Eigenschaft, welche jeder Flüssigkeit inne wohnt. So verspürte der alte Katzenbach immer weniger Lust, sich mühsam seinen Weg durch jenes Geschiebe zu suchen, welches er sich selber in den Weg geschwemmt hatte. Also begann der Bach nach einem seitlichen Ausweg zu suchen und fand ihn dann im heute noch bestehenden Unterlauf. Die Abzweigung vom ursprünglichen Lauf erfolgte nach dem Grubenholzbogen, schätzungsweise vor 7000 Jahren.
Nachdem der Katzenbach also einen neuen Lauf gefunden hatte, der für ihn bequemer zu befliessen war, lag der alte Lauf ausgetrocknet da und begann bei Regenwetter das Wasser des ehemaligen Katzenbachdeltas zu sammeln und rückwärts dem Katzenbach zuzuführen. Allmählich bildete sich ein immer länger werdender Arm des alten Katzenbachs zu einem regulären, neuen Bach aus. Nachdem dann das ganze Delta bewaldet war, hielt der Wald soviel Regenwasser zurück, dass der Bach auch in Trockenzeiten fliessen konnte und zum Schuhmattbach wurde.
Dieser Bach floss gegenüber dem Katzenbach in umgekehrter Richtung und existierte bis etwa 1885, als er bei der 1. Glattabsenkung zerstört wurde. Er trug dann zur Legendenbildung bei, denn die Seebacher Bauern kannten diesen Bach und seine ungewöhnliche Fliessrichtung ebenso wie seine geologische Geschichte. Unter dem Titel «rückwärtsfliessender, alter Katzenbach» lebte die Legende noch bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts. Diese Bauern waren gute Bodenkenner. Einer dieser Bauern war der frühere Gemeindepräsident Heinrich Steffen, der von 1868 bis 1892 im Bühlhof bauerte, die anderen waren Angehörige der Familien Sieber und Beutler, welche seit 1860 das Winkelgut besassen. Heinrich Steffen liess sich sogar eine Tüchelleitung von der Rebstockquelle zu seinem Bühlhof bauen, womit er sich bestens als Bodenkenner auswies.
Diese beiden Bauernfamilien dürften für die Hypothese 2 verantwortlich gewesen sein. Zu Prüfen wäre noch, ob diese Vermutung auch den Realitäten der dortigen Bahngleise standhält. Sichtbar ist immerhin ein Ausflussrohr in den Katzenbach, sodass vielleicht ein ganz kleines Stück des Schuhmattbachs, wenn auch kanalisiert, überlebt hat.