Der DKW wurde nie in Seebach produziert, aber er zeigte auf den Strassen Seebachs Flagge und zwar recht zahlreich. Im Weiteren besass ein Familienmitglied der Wirz' einen DKW, sodass dieser Wagen aus meiner ganz persönlichen Optik ein Teil Seebachs war. Um 1955 gab es in Seebach über ein Dutzend DKWs. Zählt man noch die Durchfahrer hinzu, dann kann man sagen, der DKW war damals in Seebach fast allgegenwärtig, weshalb er in der OGS seinen festen Platz erhält. Auch wenn er nicht hier hergestellt wurde, so gehörte er doch zum Seebacher Strassenbild der 1950er Jahre. Man sah diesen Markennamen nicht nur bei Autos, sondern auch bei den Töffs.
Der DKW war um 1950 herum ein sehr populärer Wagen und zeichnete sich durch den etwas speziellen Motor und die damals gefällige Karosserie aus. DKW-Autos kamen schon bunt daher, als die meisten anderen Autohersteller ihren Wagen noch eine schwarze oder in verschiedenen Graustufen gehaltene Lackierung verpassten. Der DKW hatte im Gegensatz zu den meisten anderen Autos einen Zweitaktmotor, dessen Vorteil die Laufruhe war. Daher auch das Zeichen «3=6» am Heck des Fahrzeugs. Es bedeutete, dass der Motor mit nur 3 Zylindern die Laufruhe eines 6-Zylindermotors habe. Das bezog sich vor allem auf die Vibrationen. Das Motorengeräusch war nicht laut, aber hell und etwas gewöhnungsbedürftig. Der Motor neigte im Leerlauf zum ruckweisen Lauf, was das bekannte «töff-töff-töff»- Geräusch erzeugte, welchem das Motorrad in der Schweiz seinen vom Hochdeutschen abweichenden Namen zu verdanken hat. DKW war von allem Anfang an auf den Zweitaktmotor fixiert und sie entwickelten ihn zu hoher Laufkultur und relativ geringem Verbrauch. Sie holten schon sehr früh Spezialisten ins Werk, welche den Motor laufend verbesserten. In den 1950er Jahren galt DKW als der beste Zweitakt-Motorenhersteller. Alle DKW-Motoren zeichneten sich durch einen sehr feinen Lauf aus.
Spassvögel sagten, DKW heisse «Deutscher Kinder-Wagen» und noch andere meinten, es heisse «Der Kunde weint!» Solche Spässe hatte sich DKW selbst zuzuschreiben, denn sie entwickelten 1916 ein dampfgetriebenes Auto und nannten es «Dampfkraftwagen». Als geschützter Markenname blieb «DKW» fortan erhalten. Dann kam 1917 ein Spielzeugmotor namens «Des Knaben Wunsch», dann kam 1921 ein Fahrradhilfsmotor namens «Das kleine Wunder» und 1927 noch ein Kühlschrank namens «Das Kühlwunder»!
Ein weiteres Kennzeichen aller DKWs war das kleine, blaue Räuchlein, welches stets aus dem Auspuff entwich, weil für den Zweitaktmotor anfänglich das Öl zur Schmierung dem Benzin beigemischt werden musste. Später gab es getrennte Tanks für Benzin und Öl. Ab den mittleren 1950er Jahren war der Wagen in Seebach sehr oft zu sehen. Um 1955 gab es jenen rot-schwarzen DKW von Alfred Wettstein an der Rümlangstrasse und jenen gelb-weissen von Herrn Eberenz im Schönauring, welcher meist in der Nähe des LVZ stationiert war. Vor allem den Mädchen und jungen Frauen gefiel der bunte Auftritt des Wagens. Dabei war es ihnen völlig egal, nach welchen physikalischen Gesetzen sich die Kolben im Zylinder auf und ab bewegten und wie viele Takte sie brauchten, um wieder am Ursprungsort anzukommen.
DKW (Deutscher Kraft-Wagen) war einer der vier Fusionspartner Horch, Wanderer, DKW und Audi der Auto-Union AG vom Jahre 1931. Trotz Fusion bauten aber alle beteiligten Partner weiterhin ihre eigenen Autotypen, vermutlich jedoch nur bis kurz nach dem Ausbruch des Krieges im Jahre 1939, als die Autoproduktion praktisch zum Erliegen kam. Da bald nach dem Krieg Deutschland in die DDR und die Deutsche Bundesrepublik aufgeteilt wurde und das DKW-Werk in die DDR zu liegen kam, musste für das Gebiet von 'Westdeutschland' die Auto-Union AG 1947 neu gegründet werden, was unter der Leitung von August Horch in Ingolstadt erfolgte. Der entscheidende Autotyp war der DKW F91 Sonderklasse, welcher bereits kurz nach der Neugründung auf den Markt kam. Obwohl schon seit 1931 alle DKWs mit dem Markennamen Auto-Union versehen waren, blieb die Bezeichnung DKW noch bis zur Übernahme der Auto-Union AG durch Vauwee im Jahre 1962 im Gebrauch. Letzte Modelle unter dem Label von DKW waren der DKW Junior, der DKW F102 und die DKW Hummel.
Der F102 wurde dann von Audi weiter produziert und noch kurze Zeit weiterhin mit dem Zweitaktmotor ausgestattet. Trotz der Umbenennung in Audi hiess der Wagen im Volksmund weiterhin DKW und zwar so lange, bis Audi den Zweitaktmotor endgültig durch den Viertakter ersetzte und das Modell neu als F-103 bezeichnet wurde. Erst unter der neuen Bezeichnung «Audi» und der sichtbaren Abwesenheit des blauen Räuchleins und des «töff-töff-töff-Geräuschs» begannen die Leute, den DKW gaaanz langsam zu vergessen. Doch noch 2005 gab es Spassvögel, welche sogar dem heutigen Audi immer noch DKW sagten, allerdings eher, um Audi-Fahrer zu necken. Das waren harmlose Spässchen, denn was sich mag, das neckt sich bekanntlich!
Ich hatte Gelegenheit, einmal mit dem alten DKW F-102 mitzufahren, welcher noch mit dem Zweitaktmotor ausgestattet war, denn mein Onkel Jakob Wirz III fuhr einen solchen Wagen im Jahre 1963 oder 1964, vor allem, weil er sehr zuverlässig war und weil er einen sehr weichen Lauf hatte, wie er stets betonte. Wenn ich mich richtig entsinne wählte er diesen Wagen weil er zuvor den DKW 1000 3=6 fuhr und schon mit diesen Wagen angenehme Erfahrungen machte.
Über die Entstehung des Namens «Audi» gibt es eine Legende, die besagt, das Wort sei lateinisch und heisse auf deutsch «Horch'!». Sinnigerweise hiess einer der Fusionspartner der Auto-Union AG «Horch». Aus der Latinisierung des Namens «Horch» sei dann der neue Name «Audi» entstanden. In einer verfilmten Biografie über August Horch wird die Legende bestätigt und man lernte in dem Film auch, dass die Idee von einem Abiturienten stammte, welcher Lateinisch büffeln musste. Das war bereits 1910 und kam dadurch zustande, dass August Horch seine Firma, die Horch & Cie., welche er 1899 zum Bau von Autos gründete, wegen finanziellen und anderen Problemen verliess. Kurz darauf gründete er eine neue Autofirma und seine Wagen hiessen danach tatsächlich während über 20 Jahren «Audi». Der volle Name der Firma lautete Audi Automobilwerke GmbH. August Horch zog sich 1920 aus dem aktiven Geschäft zurück, blieb aber Mitglied der Verwaltungsrats. 1928 übernahm DKW die Audi-Werke von August Horch. Letzterer verstarb 1951 im Alter von 82 Jahren. Dieser kurze historische Rückblick zeigt auch auf, warum Audi seit 2009 damit wirbt, seit 100 Jahren tolle Autos zu bauen: Die erste Autofabrik namens «Audi» wurde schon 1910 gegründet!
DKW baute nicht nur Autos, sondern seit etwa 1920 auch Fahrräder (!), 1921 ein Velo mit Hilfsmotor und von 1922 bis 1962 Motorräder der Hubraumklassen 50 cm³, 100 cm³, 125 cm³, 175 cm³, 200 cm³, 250 cm³, 300 cm³, 350 cm³ , 500 cm³ und 600 cm³, alles natürlich Zweitakter. Diese hiessen stets DKW und nie Auto-Union oder gar Audi. Die eigentliche Motorradproduktion wurde 1958 verkauft, da sie nicht mehr rentierte. Aus der Motorrad-Marke DKW wurde die Zweirad-Union und dann Herkules. Der Roller Hobby 1957 und das Moped Hummel 1962 und das DKW Mofa waren noch Abkömmlinge von DKW. Trotz neuem Namen wurde das Kürzel DKW vereinzelt auch für Leichtmotorräder der Nachfolgefirmen weiter verwendet. Der Begriff DKW hatten eben hohen Stellenwert bei der Vermarktung. Im Jahre 2012 erwarb Audi für 860 Mio. Euro den italienischen Edel-Motorradhersteller Ducati, womit Audi wieder beide Arten von Strassenfahrzeugen im Sortiment hat. Diese Information ist Wikipedia unter dem Suchbegriff 'Ducati' zu entnehmen.
Eine Verwechslung mit dem Namen Audi gab es auch noch wegen ein paar nach Seebach ausgewanderten Baslern, welche damals dem Auto generell «Auti» sagten. Nicht-Autosachverständige waren dann verunsichert, ob nun vom Auto im Allgemeinen oder vom Audi im Besonderen die Rede war.
Quellen: - OGS-eigene (Hinweise auf den DKW F-102) - Ernst Sigrist (Deutscher Kinder-Wagen) - Ernst Ingold (der Kunde weint) - Verfilmte Biografie über August Horch - Wikipedia - Wikipedia unter DKW