Eine Repassiererin war früher eine Laufmaschenaufnehmerin, um es einmal ganz volkstümlich zu sagen, auch wenn die Wörterbücher dies heute mit hochdeutsch Büglerin und niederdeutsch mit Plätterin übersetzen. Die französische Bezeichnung des Berufs lautete 'la repasseuse'. Das Wort 'repassieren' hatte früher die Bedeutung von 'Laufmaschen aufnehmen'. Dass es heute eine neue Bedeutung hat, hängt wohl damit zusammen, dass der Beruf inzwischen ausgestorben ist und die Berufsbezeichnung im Französischen auf die Glätterin überging. Ähnliches ist auch mit dem 'chauffeur' geschehen, der heute auch nicht mehr heizt. Das italienische Wörterbuch verrät noch den tieferen Zusammenhang, denn 'ripassare' heisst zurückkehren. Gemeint war damit der Faden der Fallmasche, der wieder an den Anfang zurück geführt wurde.
Die Wörterbücher deutsch-französisch wiedergeben heute nur noch die moderne Bedeutung des Wortes, nämlich glätten. Auch die Glätterin gleitet ja mit ihren Glätteisen immer hin und zurück. Es könnte aber auch davon herrühren, dass Repassieren früher eine Nebenarbeit der Glätterin war oder umgekehrt.
Hausstrumpf und Nylonstrumpf
Die Repassiererin hatte früher, als es nur die gestrickten Hausstrümpfe oder die teuren kunstseidenen Ausgehstrümpfe gab, die Aufgabe bei solchen Strümpfen beginnende Fallmaschen aufzufangen und den Faden wieder an den Anfang der Fallmasche zurückzubringen und dort zu festigen. Das waren stets nur kleine Fallmaschen, denn bei alten Wirkwaren bremste die Filzigkeit des Fadens oder der Wolle die Laufmasche. Die alten Wirkwaren machten es aber auch fast unmöglich, mehr als 20 Maschen zurück zu flicken. Neben der Handarbeit konnte man auch mithilfe einer elektrischen Verschlusszunge die Maschen wieder aufnehmen und festmachen, sodass die Laufmasche nicht mehr sichtbar war. Entlöhnt wurde diese Arbeit nach Anzahl aufgefangener Maschen und es gab preisliche Richtlinien von ein paar Rappen pro Masche. Die Repassiererin hatte also einen kargen Lohn. Nur mit viel Fleiss, Geschicklichkeit und langen Arbeitszeiten konnte sie sich durchbringen.
Auch der Nylonstrumpf war bei seiner Einführung in der Schweiz ein kostbares Bekleidungsstück, welches ein Mehrfaches eines einfachen Hausstrumpfes kostete. Um 1950 lagen die Preise bei über Fr. 10.-- und galten bei den damaligen Arbeiterlöhnen von Fr. 250.-- bis Fr. 300.-- im Monat als fast unbezahlbar. Der Nylonstrumpf hatte zudem den Nachteil, dass er auch noch empfindlich auf Berührungen war, sodass oft Laufmaschen entstanden. In solchen Fällen brachten die etwas betuchteren Frauen, welche sich Nylonstrümpfe gerade noch leisten konnten, ihre Strümpfe in die Repassierstuben. Das Repassieren der Nylonstrümpfe erfolgte mit einem Repassierapparat. Hier gab es auch Männer, welche diese Arbeit verrichteten. Strumpffabriken unterhielten damals sogar selber kleine Repassierstuben. Geflickt wurden dort natürlich nur die Nylonstrümpfe. Man konnte noch bis in die 1960er Jahre Nylonstrümpfe mit Fallmaschen zur Reparatur bringen. Für 2 bis 3 Franken haben die Repassierer/innen die Arbeit in wenigen Minuten erledigt.
Das Repassieren mit der Maschine
Beim maschinellen Repassieren wird der Strumpf mit der Laufmasche über einen Metalltrichter geschoben. Dann wird die Repassiernadel in eine Masche entlang der Laufmasche eingehängt. Bei einer Laufmasche bleiben die quer liegenden Fäden bestehen, nur die Maschen lösen sich auf. Diese fehlenden Maschen werden von der Repassiermaschine wieder ersetzt und am Ende von Hand vernäht oder verstetet, wie das in der Fachsprache heisst.
Das Ende des Repassierens
Nachdem immer mehr Frauen dank den günstigeren Preisen sich diese Strümpfe leisten konnten, lohnte es sich bald nicht mehr, Laufmaschen flicken zu lassen. Es gab aber noch viele Jahre lange privat arbeitende Repassiererinnen, welche diese Arbeit als Nebenverdienst zuhause ausübten, dann natürlich nicht nur für Strümpfe. Dennoch verschwanden die Repassierstuben nach und nach. In den Strumpffabriken werden aber auch heute noch kleine, harmlose Webfehler repassiert, doch ist es heute eine Nebenarbeit des Maschinisten.
Die letzte Repassiererin von Seebach
In Seebach gab es seit 1947 und mit Sicherheit noch lange nach 1956 eine Repassiererin an der Schaffhauserstrasse 605, die ich ganz selten zwar, aber eben doch gelegentlich sah und zwar, weil sie eine Tochter namens Lisbeth hatte und die besuchte die 4. bis 6. Primarschule bei Emil Krönert im Schulhaus Kolbenacker, wo auch ich zur Schule ging. Der Beruf von Lisbeths Mutter hätte mich damals als 12-Jähriger kaum interessiert, doch der Lehrer hatte im Unterricht einmal das Thema 'unbekannte Berufe' angeschnitten und da erklärte er uns den Beruf der Repassiererin und verriet zugleich, dass Lisbeths Mutter Elsa Cébe diesen Beruf ausübte. Ob sie schon damals die letzte Repassiererin von Seebach war, glaube ich nicht, aber da sie noch recht jung war, dürfte sie diesen Beruf noch viele Jahre nach 1956 weiter ausgeübt haben, bis es sich nicht mehr lohnte oder bis dieser Beruf schlicht von der Bildfläche verschwand.
Quellen: - OGS-eigene - Adressbuch der Stadt Zürich 1950 - Henriette Cébe - Wikipedia unter Laufmasche - www.vulkanland.at/de/handwerksregion/verlorenes-handwerk/repassieren/