Hier ist zuerst einmal gemeint, wie viel Eis des Gletschers im Gebiet Seebach vom Rheingletscher und wie viel vom Linthgletscher stammen. Dazu ein paar Hinweise über das Fliessverhalten von Gletschern.
Wenn Gletscher aus verschiedenen Tälern zusammentreffen, verhalten sie sich ganz ähnlich wie eine Frau und ein Mann die sich gut mögen und ebenfalls zusammentreffen. Man geht den weiteren Weg eng beisammen, hängt vielleicht noch die Arme ein, aber die beiden bleiben getrennte Lebewesen, sie verschmelzen nicht miteinander und mischen sich auch nicht. Die Gletscher halten es genau so. Sie verhaken sich seitlich zwar sehr innig miteinander, aber sie bleiben jeder für sich, vermischen sich nicht.
Im Falle des Linth-Rheingletschers erfolgte ein solches Zusammentreffen in der oberen Linthebene, wo vom Walensee her ein abgezweigter Seitenarm des Rheingletschers und der vom Glarnerland herkommende Linthgletscher zusammen trafen und fortan gemeinsam weiterflossen. Da sie eine beträchtliche Mächtigkeit aufwiesen, lag ihre Oberfläche teilweise über derjenigen der umgebenden Berge. Im Gebiet von Hombrechtikon hatte das zur Folge, dass sich die tiefer liegenden Teile des Gletschers teilten und in Fliessrichtung betrachtet der linke Arm dem Zürichseetal folgte und der rechte Arm über die kleine Kuppe von Hombrechtikon ins Glatttal floss. Zur Zeit der grössten Ausdehnung, also im späten Hochwürm sah man von alldem von oben betrachtet nichts, denn der keilförmig dem Gletscher im Weg stehende Pfannenstil wurde einfach überfahren. Nur die tiefer liegenden Teile des Gletschers teilten sich. Dabei bewegte sich die eingangs erwähnte saubere Trennlinie zwischen dem Linth- und dem Rheingletscher auf der Nordostseite des Pfannenstils. Das bedeutet, dass der grösste Teil des Glatttals mit Rheineis und das gesamte Zürichseetal ausschliesslich von Lintheis bedeckt war. Die Eismassengrenze lag ungefähr über Maur oder Ebmatingen.
Zum Fliessverhalten der beiden Gletscher ist noch anzufügen, dass die Eismassengrenze sowohl von der Mächtigkeit des jeweiligen Gletschers als auch von der Fliessgeschwindigkeit beeinflusst wird. Als sich die beiden Gletscher am Ende des Walensees trafen, passten sie sich höhenmässig einander an. Falls der Walenseearm des Rheingletschers mächtiger war, bedeutete das aber nicht, dass er den Linthgletscher überlappt oder überflossen hätte. Vielmehr wäre der Linthgletscher stärker zur Seite geschoben worden. Die Eismassengrenze wäre aber weitgehend senkrecht verblieben. Die Mächtigkeit beider Gletscher wäre ebenfalls gleich geblieben. Dieses Verhalten regeln die Gletscher untereinander mit Hilfe physikalischer Gesetze. Schon nach wenigen hundert Metern fliessen beide Gletscher etwa gleich schnell und sind etwa gleich hoch.
Da aber das Glarnerland und das Bündnerland, woher beide Gletscher stammten, aus klimatischen Gründen einen unterschiedlichen Eintrag an Niederschlägen und auch eine unterschiedliche Verdunstung aufwiesen, hat die Eisenmassengrenze stets etwas geschwankt. Als beide Gletscher ihre engen Täler beim Walensee verliessen und in die breitere Linthebene flossen, da verloren sie an Geschwindigkeit und an Erosionskraft. Betrug die Fliessgeschwindigkeit in den engen Tälern noch um 1 km/Jahr, so verringerte sich diese auf weniger als die Hälfte. Im Zürichseetal behielt der Gletscher seine Geschwindigkeit fast bei, während der Glatttalarm sich durch die ständige Verbreiterung des Gletscherarms fortlaufend verlangsamte. Bei Seebach betrug diese Geschwindigkeit im spätwürmzeitlichen Maximum nur noch etwa 80 bis 100 m/Jahr. Siehe auch unter Eismassengrenze und Leitgestein beim Linth-Gletscher!
Quellen: - Eiszeitalter, R. Hantke - Geologie des Kantons Zürich, Thomas Bolliger - Tages-Anzeiger-Artikel vom (?) - Geologie von Zürich, Heinrich Jäckli