Die J-29 Tunnan wurde in Schweden durch die Firma Saab (Svenska Aeroplan Aktiebolaget) entwickelt und war das erste Jagdflugzeug mit gepfeilten Flügeln in Westeuropa, das Serienreife erlangte. Die Maschine besass einige Merkmale, welche beim deutschen Messerschmitt-Projekt P-1101 geplant waren. Die Ingenieure bei Saab griffen auf diese Erkenntnisse von Messerschmitt zurück und beschäftigten bei der Entwicklung des Prototyps auch einen ehemaligen Ingenineur dieser Fabrik. Saab übernahm die Form des Rumpfes und die gepfeilten Tragflächen.
Dabei kam erstmals auch die sogenannte Flächenregel zur Anwendung, die den optimalen Verlauf der Querschnittsfläche eines transsonischen Flugkörpers entlang seiner Längsachse beschreibt. Die Flächenregel gilt für den Geschwindigkeitsbereich von etwa Mach 0,8 bis 1,2 und besagt, dass Flugzeuge, welche im diesem Geschwindigkeitsbereich fliegen, dies am ehesten schaffen, wenn der Querschnitt von Rumpf und Tragfläche eines Flugzeuges über die ganze Rumpflänge konstant bleibt, was in der Regel durch eine Rumpfeinschnürung im Tragflügelbereich verbunden ist. Diese Regel wurde gegen Ende des 2. Weltkrieges von Otto Frenzel bei Junkers erarbeitet.
Die Entwicklung der J-29 wurde in Schweden um 1946 in Angriff genommen und bereits 1948 flog der erste Prototyp. Schon 1951 kam die Maschine in den militärischen Einsatz. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 1035 km/h gehörte sie damals zu den schnellsten Jagdflugzeugen der Welt. Als Triebwerk wählte man das britische De Havilland Ghost, welches etwas mehr als 2'200 kp Schub lieferte und zu den zuverlässigsten Triebwerken jener Zeit gehörte. Es wurde auch in der De Havilland DH-112 Venom verwendet, von welcher die Schweiz über 200 Maschinen über Jahrzehnte betrieb. Im Gegensatz zur Venom wurde das von Volvo in Lizenz gebaute Triebwerk RM-2 aber nicht mit Rauchpatronen gestartet, sondern elektrisch mithilfe eines mobilen, benzinbetriebenen Stromgenerators. Eine kleinere Serie des Triebwerks bekam zuletzt noch einen Nachbrenner, was die Höchstgeschwindigkeit des Flugzeuges auf 1060 km/h brachte. Die Maschine war während eines ganzen Jahrzehnts in Schweden an vordersten Front im Einsatz und hatte sich bestens bewährt.
Wegen der Wahl eines Radialtriebwerks und dem Fahrwerkschacht im Rumpf statt wie üblicherweise in den Flügeln, wirkte das Flugzeug vom seitlichen Aussehen her etwas bauchig, doch war die Machine in der Luft äusserst agil und bei den Piloten sehr beliebt. Die Bauchigkeit betraf nämlich nur die seitliche Ansicht, denn der Rumpf der Maschine war von vorne, von oben oder unten her gesehen schmal. Wegen dieses bauchigen Aussehens bekam sie in Schweden den Übernamen «Flygande Tunnan» oder kurz «Tunnan» und in den deutschsprachigen Ländern nannte man sie «die fliegende Tonne», Tonne war im Sinne von 'Fass' gemeint. In den angelsächsischen Ländern nannte man sie 'flying barrel'. Sie stellte internationale, von der FAI anerkannte Geschwindigekeitsrekorde auf.
Beim internationalen Flugmeeting in Dübendorf vom Samstag, den 26. und Sonntag, den 27. Mai 1956 waren vier Maschinen der Saab J-29 Tunnan auch in Kunstflugeinsatz zu sehen und boten einen spektakulären Einsatz, speziell auch wegen der Verwendung von dreifarbigen Rauchpatronen und den engen Formationen. Am Samstagmorgen waren die Maschinen in Kloten auf der Bisenpiste abgestellt, und unternahmen mehrmals Trainingsflüge. Auch am Nachmittag unternahmen sie von dort aus Trainingsflüge, welchen ich dank meinem flugbegeisterten Vater aus allernächster Nähe zusehen konnte. Sein Verständnis für meine Flugbegeisterung hat später viel dazu beigetragen, dass ich zwar kein Pilot, aber immerhin ein eifriger Anhänger der Fesselfliegerei wurde. Am Sonntag sah ich dann zusammen mit meinem Schulfreund Ernst Ingold die Flugvorführungen in Dübendorf im Restaurant Flora an, wo es bereits einen Fernseher gab.
In der Juli-Ausgabe der Schweizer Luftfahrt-Zeitschrift «Interavia» wurde über dieses Ereignis ausführlich berichtet und die schwedische Viererstaffel wurde dabei wegen ihren engen Flugformationen und der Präzision im Flug ganz besonders hervorgehoben. Es gab dort auch eine kleine Foto, wo man die Viererstaffel in enger Formation fliegen sah. Diese Foto habe ich bis heute aufbewahrt, siehe nebenan ganz oben! Von der Saab J-29 Tunnan wurden insgesamt 661 Maschinen bei der schwedischen Luftwaffe in Dienst gestellt. Sie wurde ab 1962 nach und nach durch die Saab J-35 Draken ersetzt, doch flogen zahlreiche Maschinen noch untergeordnete Dienste bis am 29. August 1976 die letzten noch fliegenden Exemplare ausgemustert wurden.
Exporterfolge gab es für die Maschine zur Zeit als sie zur Spitze gehörte zwar keine, doch beschaffte immerhin die österreichische Luftwaffe zu Beginn der 1960er Jahre in zwei Losen je 15 Maschinen aus den Überbeständen der schwedischen Luftwaffe, die dann in Österreich nur bis etwa 1973 im Einsatz blieben, obwohl die Maschinen auch noch in den 1980er Jahren für untergeordnete Dienst mehr als ausgereicht hätten. Es waren vielmehr Budgetgründe, welche die Ausmusterung erzwangen.
Die Maschine wurde weit unter ihrem tatsächlichen Wert gehandelt. Von der J-29 hat ein schwedisches Exemplar bis heute dank dem Einsatz einer Privatperson flugfähig überlebt und etliche nicht mehr flugfähige Maschinen stehen vor den Einfahrten zu den schwedischen Militärflugplätzen oder in Museen. Vor wenigen Jahren gab es sogar eine extrem seltene Vorführung aller sieben in Schweden entwickelten düsengetriebenen Militärflugzeuge, wo auch die J-29 mit dabei war. Auch in Österreich findet man ein paar Maschinen als Eingangsschmuck oder in Museen. Diese Ehre hat die Maschine in jedem Fall verdient, denn sie galt während ihrer gesamten Einsatzzeit als sehr zuverlässig, hatte gutmütige Flugeigenschaften, eine sehr niedrige Unfallrate und bei entsprechender Pflege hätte sie ohne weiteres 50 Jahre lang gute Dienste verrichten können. Sie hatte einfach das Pech, in einer Aera produziert worden zu sein, wo die Jagdflugzeuge alle 10 Jahre durch leistungsfähigere ersetzt werden mussten.
Das Modell von 1964
Mein silberfarben gestrichenes Fesselflugmodell Saab J-29 Tunnan entstand auf dem Papier über Weihnachten/Neujahr 1963/1964 als Projekt und war nach zahlreichen verschiedenen Entwürfen das definitiv vorgesehene Modell für die Flugerprobung meines Eigenbau-Pulsstrahltriebwerks. Damit das im Flug glühend heisse Triebwerk das Modell nicht in Brand setzen konnte, ersann ich verschiedene Varianten der Tunnan, die teils sehr abenteuerlich von der originalen Form der Saab J-29 abwichen.
Nachträglich habe ich mich dann doch stärker an das Original gehalten, indem ich mich von Modellbaufreunden überzeugen liess, die Tunnan im Innern einfach mit einem von aussen unsichtbaren, leichten Alu-Tubus zu versehen. So konnte ich mich dann doch noch einigermassen an die Originalform halten, ausgenommen der Ansaugtrakt, den ich zugunsten der Kühlung etwas grösser gestaltete. Ebenfalls nicht ganz korrekt war die Kabine, die ich aus Vollbalsaholz schnitzte und die etwas zu flach geriet. Die Brandgefahr wollte ich zusätzlich mit einer Fahrtwindkühlung vermeiden, indem das Pulsstrahlrohr im Alu-Tubus genügend Platz bekommen hätte. Im Flug hätte es vielleicht dank der Fahrtwindkühlung gereicht, nach der Landung wäre es nötig gewesen, das Modell von vorne her noch eine Zeit lang zu kühlen.
Diese Erfahrung blieb mir erspart, da es nie soweit kam. Im März 1964 nahm das in klassischer Balsa-Sperrholz-Bauweise erstellte Modell langsam Gestalt an, wobei ich zuerst nur die Spanten und die Stringer baute und dann den Flügel in Angriff nahm, der nur in den Rumpf eingesteckt und gesichert wurde. Das ganze Modell wurde mit Japanseide bespannt. So blieb das Innere des Modells überall noch zugänglich, falls Änderungen nötig wurden. Das war auch dringend nötig, denn die Lage des Treibstofftanks und die Zuführung der Kabel zur Glühkerze waren noch gar nicht definiert und auch die Steuerdrähte fehlten noch.
Mein Bruder baute unterdessen in der Freizeit in seiner Lehrwerkstätte das Pulsstrahlrohr und machte gute Fortschritte. Eigentlich müsste man Pulsstrahlröhrchen sagen, denn es war mit dem anfänglich kurzen Schubrohr nur 19 cm lang und 2.8 cm dick. Fast jedes Wochenende wurde ein neues Teil des Triebwerks fertig. Auch das Flugmodell nahm rasch Formen an und war im Mai 1964 fertig. Im Juni fanden dann die Tests auf der Gartenterrasse statt, bei welcher das gute Triebwerk aber nie ansprang, obwohl ich alles versuchte, was erlaubt war.
Das Flugzeug war Anfang Juli 1964 soweit fertig, dass ich es silberfarben streichen konnte. Die Silberbronze habe ich stark verdünnt, sodass der Rumpf noch leicht durchscheinend war. Ursprünglich wollte ich es rot streichen, doch war das dann doch etwas zu abenteuerlich und ich habe das Unterfangen unterlassen. Nun musste ich noch die Triebwerktests abwarten, ehe ich die Steuerung einbauen konnte. Wichtig erschien mir, dass ich nur ein gut laufendes Triebwerk einbaute. Da der Motor nicht zum Laufen gebracht werden konnte, unterbrach ich die Bauarbeiten, denn ich zog noch in diesem Monat weg von meinen Eltern in eine eigene Bleibe, die ich recht unerwartet fand. Sie lag an die Eichstrasse 28 im 5. Stock in Zürich-Wiedikon.
Dort blieb das Modell dann in meiner Grümpelkiste, da ich den Grund nicht erkannte, warum das Treibwerk nicht lief. Im weiteren hat mir die Wohnungsvermieterin ausdrücklich verboten, auf dem Balkon Modellmotoren laufen zu lassen, denn sie hatte da offenbar gewisse Erfahrungen. So blieb die J-29 unvollendet und blieb es auch noch viele weitere, lange Jahre. Erst 1970 fand ich wieder Zeit und Möglichkeit, mich meiner Saab J-29 Tunnan zu widmen, doch da das Problem mit dem Motor unlösbar schien, liess ich das Projekt weiter ruhen und widmete mich wieder dem Bau von 'normalen' Fesselflugmodellen mit den etwas 'leiseren' Modelldieselmotoren. Dabei bleib es dann. Modell und Motor überlebten noch weitere Jahre, bis ich das Modell im Juli 1978 schweren Herzens 'entsorgte' und den Motor an einen Sammler verschenkte, was mich bis heute wurmt. Vom Tunnan werde ich noch eine Replika bauen. Mehr siehe unter Fesselflugmodell Saab J-29 Tunnan-Replika!
Nachzutragen wäre noch, dass aus heutiger Sicht das sehr filigran gebaute Balsholzmodell die Erschütterungen eines Pulsstrahlrohrs höchstens ein paar Sekunden lang überstanden hätte.
Technische Daten
Spannweite: 70 cm Länge: 50 cm Flügeltiefe: 15 cm Flügelfläche: 8 dm² Profil: Clark Y, mod. W. Antrieb: Eigenbau-Pulsstrahlrohr Schub: 180 g (rechnerisch) Flugzeit: ca. 1 Minute Gewicht: 500 g
Quellen: - eigene - Wikipedia (Infos zum Flugzeug und zur Flächenregel)
Der erste Entwurf zeigt eine fast zur Unkenntlichkeit veränderte J-29, da ich ganz anfänglich dachte, es müssten um das Pulsstrahlrohr herum mindesten 3 cm freie Luft sein. Die Zeichnung stammt von 1964. Ein Fass ist sie immerhin geblieben.
Dies ist die einzige etwas detailliertere Zeichnung, welche von diesem Modellflug-Projekt bis heute überlebt hat. Sie zeigt eine frühe Bauform, als ich noch dachte, für genügend freien Raum um das glühende Triebwerk sorgen zu müssen.
Dies ist die rekonstruierte Seitenansicht meines J-29-Modells, wie ich es 1964 dann tatsächlich baute. Dass die Alu-Isolation im Rumpfinnern das Modell vor einem Brand geschützt hätte, bezweifle ich heute.
Hier sieht man, wie ich den Einbau des Pulsstrahlrohrs vorgesehen hatte. Noch ungelöst war der Einbau des Treibstofftanks und der elektrische Anschluss der Glühkerze während des Anlassens des Triebwerks.
Diese rekonstruierte Skizze zeigt das Saab J-29-Modell von unten. Wie man leicht erkennt, weist es gegenüber dem Original einige kleinere Vereinfachungen auf.
Auf dieser Skizze sieht man die Anordnung des Alu-Tubus rot punktiert, welcher das Flugzeug vor der Hitze hätte schützen müssen. Das Pulsstrahlrohr war 1964 noch 10 cm kürzer, entsprechend weiter hinten war es damals eingebaut.
So sah mein erster Versuch aus, einen eigenen Handgriff zu bauen. Da es mir nicht gelang, die Einzelteile dazu aufzutreiben, plante ich den Erstflug des J-29 mit dem bereits vom Porter her vorhandenen billigen roten Handgriff durchzuführen.
Der Handgriff von Schuco Hegi mit der Bestell-Nr. 201/12 war lediglich ein Notnagel. Die Startvorbereitungen erforderten höchste Konzentration, denn ein Kabelgewirr war vorprogrammiert. Hier eine Zeichnung des Handgriffs von 1960.
So sah mein Pulsstrahlrohr 1964 aus, doch stammt diese Aufnahme von meinem Alu-Nachbau von 2012, der nicht funktionsfähig ist, nun aber in die neue Tunnan eingebaut wird, allerdings nicht zum Fliegen, sondern nur auf der Ofenbank.
Die einzige Foto des Modells von 1964. Die J-29 war vollständig mit Japanseide bespannt. Es ist kein Flugbild, denn ich habe das Modell nur mit Fischersilch an die Decke gehängt und später das Tapetenmuster im Hintergrund weg retouchiert.