In den späteren 1950er Jahren galt es im Schönauring als Mutprobe, auf das Flachdach des Lebensmittelvereins (LVZ) oder auf dasjenige des Kindergartens zu klettern. An sich wäre das ohne Leiter ja gar nicht möglich gewesen, doch sorgten die Gartenarchitekten der Genossenschaft Schönau schon 1949 dafür, dass dies ein paar Jahre später möglich wurde, indem sie bei beiden Gebäuden Bäume genügend nahe am Haus pflanzten. Mutigere Lausbuben, unter ihnen Beppi alias Peter Schär vom Schönauring 63 und einer der Bernhard-Brüder sowie Peter Rubitschung entdeckten den Sport schon ab 1953 als erste, weil ab diesem Jahr die Bäume schon so weit gewachsen waren, dass die Äste einen Buben tragen konnten. Der Baum zum Dach des LVZ befand sich auf der linken Seite. 1954 versuchte ich dort hinauf zu klettern, doch bekam ich schon auf halber Höhe «Schiss» und zählte somit nicht zu den Mutigen.
Da die gekiesten Dächer der beiden Gebäude aber nicht mit Geländern gesichert waren, wurde dies von den Erwachsenen als sehr gefährlich betrachtet, zumal die Buben auf dem Dach noch allerlei Schabernack trieben. Vorzugsweise geschah dies natürlich, wenn die Mütter zum Posten gingen, denn da konnten sich die Buben so schön brüsten. Die besorgten Mütter meldeten das unverzüglich der Filialleiterin Frau Zollinger, welche sofort vor den Laden kam und mit sehr heller und erregter Stimme den Buben befahl, herunter zu steigen, was diese dann jeweils knurrend befolgten und sich aus dem Staube machten. Da Frau Zollinger praktisch jeden Buben und die zugehörige Mutter kannte, knöpfte sie sich die anbetroffenen Mütter bei deren nächsten Einkauf vor und erteilte ihnen Nachhilfeunterricht im Beaufsichtigen ihrer Kinder.
Da der LVZ nicht immer offen hatte, verlegten die Buben ihre Kletterkünste auf die Mittagszeit oder auf abens nach halb sieben. Andere wichen auf den Kindergarten aus, bis besorgte Mütter ihre Klagen an die Genossenschaftsleitung richteten. Nun lag es an den Herren Fritz Senn (1956-1978), Robert Borer (1952-1984), H. Meili (1952-1962) und J. Moll (1956-1969), für Ordnung zu sorgen. Wer von ihnen erwischt wurde, musste damit rechnen, dass es für die Eltern einen Verweis absetzte. Wegen diesen rigiden Massnahmen galt das Flachdachklettern bei den Buben erst recht als Mutprobe. Erfolgreiche Dachkletterer waren dann vor allem jene Buben, welche stets wussten, ob die Herren Senn, Bohrer, Meili und Moll gerade am Arbeiten waren. Das war aber erst nach 1960.
Quellen: - OGS-eigene (Bohrer, Senn) - Eugen Jost (Moll) - Robert Berger jun. (Meili)