In einem Buch oder einem Heftli der 1950er Jahre gab es eine Anleitung, wie man erwachsenen Menschen ein Schnippchen schlagen konnte. Welcher Bub hätte da nicht Lust, dabei zu sein? Nachdem der Spass von einem Schüler aus eben einer der obigen Quellen erzählt wurde, begann eine Buben-Clique in den Buchwiesen, bei welcher ich manchmal auch dabei war, zu hirnen, welcher Ort der geeignetste wäre. Man kam logischerweise auf die Buchwiesen(strasse). Bei Hanni Hebeisen holte ich das hierfür erforderliche Silch (Fischereiartikel). Meine Mutter stellte eine Fünfernote zur Verfügung, was allseits grosse Bewunderung auslöste, denn das war damals viel Geld, vor allem in den Händen von 10- bis 12-jährigen Buben. Am Abend stanzte mein Vater ein winziges Löchlein in die Note und schon war das Silch an der Fünfernote befestigt. Die Leihgabe der Fünfernote war aber an eine Bedingung geknüpft: Geht die Fünfernote verloren, müsste ich zwei Monate lang mittags das Geschirr abwaschen und abtrocknen! Klar, dass meine kleinen Geschwister insgeheim hofften, die Note ginge verloren.
Am nächsten Tag versteckten sich zwei Buben und ein Mädchen hinter einem Busch gegenüber der Wohnung der Familie Straub. Zwei weitere standen Schmiere, einer beim Brünneli, der andere im Rank. Sobald ein Erwachsener nahte, meldeten diese die herannahende Person mit einem Pfiff. Nun legte der eine Bub beim Busch die Note rasch auf die Strasse, während der andere das Silch spannte. Der erste Erwachsene, welcher nahte, war eine Frau. Als sie die Note auf der Strasse erblickte, zögerte sie ein wenig, schaute sich in alle Richtungen um, ob niemand zuschaute und bückte sich dann, um die Note aufzuheben. Kurz bevor sie die Note erhascht zu haben glaubte, zog der Bub hinter dem Busch rasch am Silch und die Note entwischte so, als ob ein Windstoss sie erfasst hätte. Die Frau verfolgte die Note und versuchte sie gar mit den Schuhen festzuhalten, doch der Bub hinter dem Busch zog sie stracks genug in den Busch zurück und im gleichen Augenblick begannen alle versteckten Kinder Schöllen zu lachen.
Die Frau schien sich zuerst etwas zu schämen, dann lachte sie aber auch und sagte dann so etwas wie «chäibe Luusbuebe» oder so. Dieses Erlebnis wiederholten die Lausbuben, bei welchen ich allerdings nur als stiller Beobachter und Mitlacher wirkte, noch ein weiteres Mal, doch diesmal machte ihnen Frau Straub einen Strich durch die Rechnung. Aufgescheucht durch das laute Gelächter, begab sich diese ans Zimmerfenster und schaute mit verschränkten Armen gemütlich den sich wieder auf die Lauer legenden Buben zu, ohne allerdings zu ahnen, was diese vorhatten. Gerade deshalb konnte sie ihren «Gwunder» nicht überwinden, beobachtete die Szene und blieb beharrlich am Fenster stehen.
Alle warteten nun, bis sich Frau Straub fertig gewundert hatte und wieder verschwand. Doch genau diesen Gefallen machte sie den Buben nicht, sodass diese beschlossen, es trotz Frau Straub nochmals zu versuchen. Dann kam erneut eine Frau, sah die Note und schaute ebenfalls zuerst in der Gegend herum, sah dann am Fenstersims Frau Straub, grüsste diese freundlich und lief so an der Note vorbei, als hätte sie es gar nicht nötig, am Boden liegendes Geld aufzulesen. Da wussten die Buben, dass es mit einer sichtbaren Zuschauerin nicht klappt und verschoben den Spass auf ein andermal.
Beim nächsten Anlauf ein paar Tage später klappte es leider nicht, weil meine Mutter die Note inzwischen für einen Einkauf im Lebensmittelverein Zürich (LVZ) verbraucht hatte, denn immerhin war es wohl schon der 23. des Monats!