Der einzige Ort, wo man in Seebach um 1956 herum noch Karbid kaufen konnte, war bei Schmiedvogel an der Seebacherstrasse. Er führte das Karbid noch für seinen Azetylenbrenner sowie für die ganz selten gewordenen Grossväter, welche noch eine Karbidfunzel an ihrem Velo hatten.
In den 1950er Jahren gehörte es zum Spiel, dass immer wieder ein Bub zu Schmiedvogel ging und dort sein spärliches Taschengeld in ein paar Klumpen Kalziumkarbid investierte. Damals gab es den Nescafé ausser in den «Tübli» auch als kleine 100g-Dose. Gewisse Buben hatten gelernt, dass man damit den Dosendeckel mit einem kräftigen Knall weit fort fliegen lassen konnte, wenn man alles richtig machte. Dazu musste man ein kleines Stück Kalziumkarbid in die Dose legen, etwas Wasser dazugiessen, dann den Deckel kräftig zudrücken, die Dose auf den Boden stellen und sich rasch entfernen. Schon nach 10 bis 20 Sekunden gab es einen dumpfen Knall und der Dosendeckel flog hoch in die Luft.
Meistens erfolgte dieses Spiel unter Buben, doch die frecheren stellten ihre Dose so auf, dass ahnungslose Mütter oder Grossmütter erschraken. So geschehen im Schönauring um 1955 bei der Wäschehänge nahe der Hausnummer 48. Die anbetroffene Dame hiess Frau Keller, welche gerade im Begriffe war, ihre Wäsche aufzuhängen, als es hinter ihrem Rücken einen kräftigen Knall gab. Nachdem Frau Keller fertig erschrocken war, wetterte sie ziemlich heftig über die ungezogenen «Goofen». Wer der Lausbub war, welcher Frau Keller so erschrecken liess, ist mir leider entfallen. Da aber der Deckel der Dose einen «Flug» vollführte, könnte es Fritz Rickli gewesen sein, doch das ist höchst unsicher. Der Fritz Rickli war zwar bis etwa 1955 der Chef im Schönauring für alles was flog, doch hatte er auch sehr ehrgeizige Nachahmer. Im Verdacht steht daher auch der «Beppi» alias Peter Schär vom Schönauring 63.
Die Idee mit den Kalziumkarbidkanonen scheint ziemlich alt zu sein, denn sie wurde schon in den 1930er Jahren angewandt, das bestätigen Ernst Benninger und seine Schulfreunde. Auch sie holten das Kalziumkarbid bei Schmiedvogel. Albert Burkhardt schildert in seinem Buch «Blosse Füsse, blutige Zehen, blaue Wunder» sehr detailliert, wie die alte Kalziumkarbidfunzel funktionierte. Siehe dort!