Elsy Weber (1918-1999), erste Seebacher Pfarrerin von 1964 bis 1972. Sie begann 1945 nach ihrem Theologiestudium in der hiesigen Kirchgemeinde als Pfarrhelferin zu arbeiten. Schon zuvor hatte sie sich bei der Flüchtlingshilfe von Pfarrer Paul Vogt eingesetzt und 1946 vertrat sie den beurlaubten Pfarrer Hellstern. Nach Einführung des neuen Kirchengesetzes von 1963 gehörte sie zu den zwölf ordinierten Theologinnen, welche in unserem Kanton als erste für ein Pfarramt wählbar waren. Frau Elsy Weber wurde 1964 umgehend als Seebacher Pfarrerin gewählt.
Elsy Weber verlor ihren Vater während der grossen Grippe-Epidemie von 1918/19, als sie noch sehr jung war. Ihre Mutter musste später hart arbeiten, um Elsy Weber nach der Schule auch das Studium zu ermöglichen. Sie blieb bei ihrer Mutter und schaute gut zu ihr, als diese älter wurde und auch noch erblindete. Mit ihrer neuen Anstellung als Pfarrerin wurden ihr immer mehr Aufgaben übergeben, sodass sie kaum mehr genug Zeit fand, um ihre Mutter zu betreuen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als eine Haushalthilfe anzustellen, damit ihre Mutter weiterhin gut versorgt war. Diese Hilfe war dann Gré Stocker von Seebach, zum Glück eine gut ausgebildete Krankenschwester FA SRK und für die Arbeit damit bestens geeignet, auch als sie nach etwa zweieinhalb Jahren noch Sterbehilfe leisten musste. Sie arbeitete in dieser Zeit für ein bescheidenes Gehalt und lebte mit ihren wenigen Habseligkeiten in einer kleinen Dachkammer in der Bahnhalde, gelegentlich auch bei Elsy Weber, wegen ihrer Mutter. Daneben besorgte sie auch noch die Kartothek, gab Obdachlosen Brot und Kaffee und manchmal auch einen Batzen. Sie empfing auch Personen aus der Gemeinde, die ein Gespräch brauchten. Alles dies besorgte sie in der Küche von Elsy Webers Wohnung.
Die erste Pfarrerin von Seebach konnte anfänglich auch nicht frei walten, wie sie wollte. So musste sie ihre für den Sonntag vorgesehene Predigt am Samstag Vormittag dem damaligen Kirchenpräsidenten Robert Kübler vorlegen, der sie begutachtete! Elsy Weber empfand das damals als zutiefst demütigend, doch sie ertrug es mit Demut. Bald nach dem Tod ihrer Mutter wurde sie als Oberin im Diakonissenhaus Riehen BS nominiert und hat diese Stelle am 5.3.1972 auch angetreten.
Am Freitag, den 13. August 1999 war in der Riehener Zeitung zu lesen:
"Am 2. August 1999 verstarb Schwester Elsy Weber in ihrem 81. Lebensjahr nach kurzer, schwerer Erkrankung während ihrer Ferien im Berner Oberland. Die Diakonissengemeinschaft und viele Menschen darüber hinaus verdanken Schwester Elsy viel. Als mütterliche, warmherzige Persönlichkeit, als vollmächtige Verkündigerin des Evange-liums und als begnadete Seelsorgerin wurde sie vielen Menschen zu einer Helferin auf dem Lebens- und Glaubensweg. Schwester Elsy stammte aus Zürich,wo sie die Schulen besuchte und als eine der ersten Frauen Theologie studierte. Nach dem abgeschlossenen Studium war Fräulein Weber mit dem ihr eigenen Engagement in der Flüchtlingshilfe zusammen mit Pfarrer Paul Vogt tätig. Anschliessend wurde sie in die Stadtrand-Gemeinde Zürich-Seebach berufen, wo sie während 26 Jahren voll Hin-gabe in einem fruchtbaren Gemeindedienst stand. Das kirchliche Recht, als Pfarrerin zu wirken, erhielten Theologinnen erst 1963 mit den ersten Ordinationen von Frauen. 1972, im Alter von knapp 53 Jahren, wechselte die bewährte Gemeindepfarrerin in unser Diakonissenhaus in Riehen, um das Amt der Oberin zu übernehmen. Es war eine grosse Umstellung; doch Schwester Elsy dachte sich rasch in den neuen Wirkungskreis ein. Nöte und Sorgen einzelner Schwestern, aber auch Fragen des gesamten Diakonis-senhauses - alles bewegte Schwester Elsy mit wachem Geist in ihrem offenen Herzen und trug zum guten Fortgang des Lebens im Diakonissenhaus Riehen bei. Mit zahlreichen Vorträgen und anderen Veranstaltungen, zum Beispiel auch im Rahmen der Bibelkurse des Diakonissenhauses, diente die Heimgegangene einer grossen Anzahl von Menschen, vor allem aus kirchlichen Kreisen. 1986 legte sie ihr Amt in jüngere Hände, verfolgte aber bis zuletzt mit wachem Interesse die Geschehnisse im Diakonissenhaus, in Kirche und Welt. Schwester Doris Kellerhals."
Ich kann mich gut erinnern, als Elsy Weber noch in der Rolle der Pfarrhelferin in Zürich-Seebach tätig war. Schon damals sprang sie auch ein, wenn Pfarrer Samuel Schoop beim Religionsunterricht verhindert war. Auch in der jüngeren Unterweisung vertrat sie gelegentlich den Pfarrer Richard Rahn. Ansonsten sah man sie oft unterwegs zu Hausbesuchen.
Sie hatte eine leicht untersetzte Statur und wirkte eher zierlich. Wohl auch deshalb bekam sie von ihren Schülern den Übernamen "s Wäbi". Da nicht alle ihre Schüler zu den besonders Pflegeleichten gehörten, war sie manchmal auch gezwungen, diese in die Schranken zu weisen, meist auch vor der ganzen Klasse. Sie tat das stets in einer sehr überzeugenden Art, sodass sie sich vor allem bei diesen Buben viel Respekt erarbeitete. Man mochte sie, auch wenn man nicht so gerne in den Religionsunterricht ging. Sie hat Lausbuben auch nie abgekanzelt, sondern so mit ihnen gesprochen, dass niemand sein Gesicht verlor. Erst wenn man diese Details kennt, versteht man die ganz tiefe Bedeutung ihres Übernamens "s Wäbi". Der Diminutiv bringt nämlich genau diesen Respekt zum Ausdruck. Man mochte sie eben.
Quellen: - Website VOS unter evang.-ref. Kirchgemeinde Seebach (1. Abschnitt) - Esther Gisler Fischer, Pfarrerin (1. Abschnitt) - Gré Stocker-Boos (2. und 3. Abschnitt) - Kirchenbote/reformiert vom 17.10.2008 - Riehener Zeitung vom 13.8.1999 - OGS-eigene (Rest)