OGS Seebach - Beitrag

Riedler, Kurt F., Dr. phil.
Personen – Übrige – historisch
28.4.1908-17.6.1980. Zeitungsberichterstatter, Kunsthistoriker. Dieser Eintrag erscheint in der OGS, weil Kurt Riedler seine letzten 13 Lebensjahre in Seebach verbrachte und während rund 10 Jahren hier ein Büro für Kunstexpertisen betrieb. Geboren in Berlin-Friedrichshain als Sohn eines Spezereiwarenhändlers, studierte er an der Humboldt-Universität von 1922-29 Philosophie und arbeitete danach als Zeitungsberichterstatter. Nebenbei war er Leiter des CVJM (Cevi) und Jugend-Bundesführer der Studentenschaft Arndt. Im Militär bekleidete er den Rang eines Hauptmanns der Reichswehr. Wegen seiner spitzen Feder in einigen Zeitungsberichten wurde man im Propagandaministerium auf ihn aufmerksam und bot ihm dort eine Stelle an, was er aber ablehnte, da er viele jüdische Studentenfreunde hatte. Es kam 1932 zum Zerwürfnis mit Reichspropagandaleiter Göbbels. Er zog in der Folge von Berlin weg nach Waldshut, Baden-Württemberg.

Als 1933 die Nazis an die Macht kamen, verliess er Deutschland schwimmend über den Rhein in Richtung Schweiz und bekam hier das Aufenthaltsrecht sowie eine Arbeitsbewilligung als Zeitungsberichterstatter, wobei er sich nicht scheute, immer wieder gegen die Nazis zu wettern. Trotz Flucht in die Schweiz, aber auch wegen seiner spitzen Feder, lebte er gefährlich und wurde im Jahre 1942 sogar einmal in Zollikon angeschossen.

Er beendete nebenbei sein Studium an der Universität Zürich als Dr. phil. und arbeitete danach als selbständiger Kunsthistoriker mit Schwerpunkt alte flämische und niederländische Meister. Zu seinen Kunden zählten später zahlreiche bekannte Persönlichkeiten, die er beim Kauf oder Verkauf von Gemälden fachlich unterstützte. Er hatte sein Büro während vieler Jahre an der Mühlegasse in Zürich 1. Nach 1945 verfasste er auch einige Vorworte in verschiedenen Büchern. Daneben nahm er Professuren an den Universitäten von Lüttich, Amsterdam und Mailand an und erhielt auch noch die Ehrendoktorwürde.

Dr. Kurt Riedler hatte neben der Kunstgeschichte, mit welcher er sein Brot verdiente, weitere künstlerische Begabungen. So malte er auch selber Bilder und bediente sich dabei des naiven Stils. Von seinen Werken haben auch einige wenige überlebt. Als Liebhaber klassischer Musik legte er grossen Wert darauf, dass jeder Jugendliche wenigstens ein Musikinstrument beherrschen sollte. In seiner Freizeit betätigte er sich 1944 auch als Autor eines Hörspiels mit dem Titel «Die Ankunft des Herrn», welches von Radio Beromünster im Dezember 1944 ausgestrahlt wurde. Ferner beschäftigte er sich auch mit der Geologie und sammelte seltene Steine. Sein Beruf brachte es mit sich, dass ihm manchmal auch kunsthistorische Schätze direkt verkauft wurden. Diese schenkte er später seiner Kirche. Es waren vor allem alte Bibeln usw.

1965 eröffnete er ein neues Büro an der Regensbergstrasse 143 in Örlikon und zog 1967 nach Seebach. 1970 verlagerte er auch sein Büro von der Regensbergstrasse 143 an die Bahnhaldenstrasse 20 in Seebach und arbeitete eine Zeit lang mit dem amerikanischen Geschäftspartner Hank Slone zusammen, einem damals führenden Historiker und Galeristen in den USA. Seit er in Seebach wohnte, also seit 1967, pflegte er auch den Kontakt mit dem lokalen Gewerbe, indem er seine internationale Kundschaft an die Hotels Landhus und Fischer verwies. Er selber war ein guter Kunde bei der Papeterie Christiana, beim Coiffeur Nigg, beim Simon Glatttalstrasse, beim Brillengeschäft Staubitz usw.

Sein Lieblingslokal bei seinen Ausflügen war das Restaurant «Waldegg», wo er stets am hinteren Jasstischli Platz nahm und sich den feinen selbst gemachten Schübling der Kusters gönnte. Diesen fand er so gut, dass er auch seine Familienfeiern und sogar Kundentreffs dorthin verlegte und zwar noch bis 1979. Vom dortigen Gärtner erfuhr er auch, dass dieser beim Umstechen im Garten neben dem Restaurant immer wieder auf Grundmauern stiess. Kurt Riedler hat sich dabei seine eigenen Gedanken gemacht und einen Zusammenhang zwischen den nahen Tempelrittern im Tempelhof und eben diesen Mauern vermutet. Er dachte, es könnte sich um Grundmauern einer Baute der Tempelritter aus der Zeit um 1200-1300 handeln. Ausserdem hat er sich auch um die Info eines alten Tempelhofbauern gekümmert, welcher noch wusste, dass es unter dem Todeshang eine Höhle gab. Leider haben sich die Kantonsarchäologen 1978 nicht dafür interessiert.

Die OGS hat diese Ideen eines Historikers nicht einfach abgetan, sondern versucht, sie ins hiesige Geschichtsschema einzuordnen, nicht zuletzt auf Anraten von Beat Czybik. Mehr dazu siehe unter Burgruinen bei Seebach und Tempelhof!

Trotz Jahrzehnte langem Aufenthalt in der Schweiz ist Kurt Riedler stets deutscher Staatsbürger geblieben. Er hätte 1971 die Möglichkeit gehabt, wieder nach Deutschland zurück zu kehren und in die Politik einzusteigen, wozu ihn ein namhafter deutscher Politiker aufgerufen und auch unterstützt hätte. Ausserdem hätte er auch die Möglichkeit gehabt, nach Amerika auszuwandern, wo ihm eine Professur in Washington angeboten wurde.

Dr. Kurt F. Riedler war auch ein sehr begnadeter Philosoph und prägte den vielsagenden Satz: Vom Gestern stammt das Heute und vom Heute stammt das Morgen!

Doch aus allen «wenn» und «hätte» wurde nichts, denn aus familiären und noch mehr aus gesundheitlichen Gründen zog er es vor, in der Schweiz zu bleiben. Immerhin war er ja bereits 63 Jahre alt. Im Alter von 67 Jahren verlegte er im Jahre 1975 sein Büro von der Bahnhaldenstrasse an die Stiglenstrasse. 1979 stellte sein Arzt bei ihm eine schwere Krankheit fest und gab ihm den dringenden Rat, ganz mit Arbeiten aufzuhören. Dennoch machte er noch vereinzelt weitere Gutachten, schonte sich aber, soweit es ging, bis er am 17.6.1980 im Waidspital im Beisein seiner letzten Frau verstarb. Er wurde im Friedhof Manegg beerdigt. Die Abdankungsrede hielt der frühere Seebacher Primarlehrer Erwin Heusser. Linard Bardill sang das Beresina-Lied zusammen mit Jörg Schnetzler. Schnetzler und Bardill waren, wie Dr. Riedler, ebenfalls ehemalige Cevi-Leiter.

Dr. Kurt F. Riedler hatte von insgesamt drei Lebenspartnerinnen fünf Kinder, von welchen drei noch am Leben sind. Sein jüngster Sohn Beat Czybik verwaltet seither einen Teil seiner Hinterlassenschaft, unter anderem auch eine grosse Bibliothek.

Quellen:
- Beat Czybik
- www.google.ch/Suche nach Kurt F. Riedler (Div. Hinweise zu Vorworten)

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Dr. Kurt F. Riedler (1969)

Erika und Beat Czybik zusammen mit Kurt Riedler am Zielackerweg in Richtung Eichrainhöfe.

Dr. Kurt F. Riedler (1969)

Erika Czybik mit Beat und Kurt Riedler an der Kamera.

Dr. Kurt F. Riedler (1969)

Kurt Riedler mit seinem Sohn Beat vor dem Misthaufen des Eichrainbauern Adolf Urfer.

Dr. Kurt F. Riedler (1971)

Kurt Riedler mit Sohn Beat in der Nähe des ehemaligen Eichbühlhofs.

Dr. phil. Kurt F. Riedler (1970)

Die Passfoto von Dr. phil. Kurt F. Riedler aus dem VBZ-Generalabonnement.

Dr. phil. Kurt F. Riedler (1970)

Die Unterschrift von Dr. phil. Kurt F. Riedler in seinem VBZ-GA.

Dr. phil. Kurt F. Riedler (1971)

Eine Foto des Kunsthistorikers aus dem Jahre 1971.

Dr. phil. Kurt F. Riedler (1973)

Ein Aquarell von Dr. phil. Kurt F. Riedler aus dem Jahre 1973.

Dr. phil. Kurt F. Riedler (1975)

Eines seiner Gemälde im naiven Stil. Man beachte den äusserst ähnlichen Malstil wie sein jüngster Sohn Beat Czybik.

Dr. phil. Kurt F. Riedler (1979)

Am hintersten Tisch vor dem Fenster liess Dr. Riedler jeweils 'seinen' Tisch reservieren, wenn er mit seinen Kunden oder Geschäftsfreunden m Restaurant "Waldegg" vorbei kam, um Kusters feine Puureschüblig zu geniessen. Die Foto entstand erst 2010.

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