OGS Seebach - Beitrag

Wüst, Caspar
Personen – Gemeindepräsident – historisch
Dieser Beitrag über den früheren Gemeindepräsidenten Caspar Wüst konnte die OGS erst in der vorliegenden Ausführlichkeit schreiben, nachdem sich seine Nachfahren bei der OGS meldeten und ihr viele tiefe Einblicke in die noch zahlreich vorhandenen Familiendokumente gewährte. Zu verdanken ist dies insbesondere Caspar Wüsts Enkelin Ines Meyer-Siegfried und ihrem Sohn Beat.

Herkunft

Caspar Wüst lebte vom 20.8.1856-5.9.1916. Er entstammte einer frühen Seebacher Familie, welche nach den Unterlagen von Ernst Benninger (Neujahrsblatt Zürich 11/12, 1985, Seite 48) im Jahre 1808 in der Waid den dortigen Weiler begründete. Auch Caspar Caspar Wüst wurde noch dort geboren. Erbauer des ersten Bauernwohnhauses in der Waid war Heinrich Wüst. Heinrich Wüsts Sohn Caspar lebte vom 18.3.1792 bis 1856. Danach folgte Konrad Wüst, welcher von 1817 bis 24.5.1880 lebte. Dieser hatte mehrere Kinder, überliefert sind 3 Buben, dem Alter nach Johannes (3.1847-25.6.1867), Caspar (20.8.1856-5.9.1916) und Gottfried (26.7.1858-25.9.1893). Von Gottfried Wüst ist wiederum bekannt, dass er heiratete, nach Ungarn auswanderte, zwei Kinder hatte, davon einen Gottfried, in Budapest wohnte und dort bei der bekannten Maschinenfabrik Ganz & Cie. arbeitete, welche vom Schweizer Abraham Ganz aus Unterembrach ZH gegründet wurde. Von seiner Ausbildung her arbeitete er naturgemäss in der Elekroabteilung, wo der von ungarischen Forschern entwickelte erste Wechselstrom-Transformator in Serie gebaut wurde. Für Gottfrieds gleichnamigen Sohn war Caspar Wüst nicht nur der Onkel, sondern auch der Götti. Nach dem frühen Tod von Gottfried Wüst sen. kehrte seine Frau Luise mit den beiden Kindern in die Schweiz zurück und wohnte in Zürich-Unterstrass.

Berufliche Ausbildung

Wie lange die Familie noch in der Waid lebte, ist nicht mehr bekannt und auch über seinen regulären Schulbesuch ist kaum mehr etwas bekannt. Mit dem jüngeren Bruder Gottfried besuchte Caspar die Industrieschule in Zürich, damals als Oberrealschule bezeichnet. Später hiess es stets, dass Caspar Wüst Elektro-Ingenieur studiert habe. Dieser Hinweis deshalb, damit der Grad der genannten Schule richtig verstanden wird. Es war eine Ingenieur- und Technikerschule.

Der Unterricht an dieser Schule begann bereits morgens um 7 Uhr. Zum mitgebrachten Essen gab es mittags eine Suppe. Nach der Heimkehr waren abends noch die Aufgaben zu machen. Der Schulweg dauerte je 1,5 Stunden und musste zu Fuss zurück gelegt werden, denn das war um 1875, als es noch kein Tram, keinen Bus und keine Autos gab. Beide Brüder traten in die Maschinenfabik Örlikon (MFO) ein. Bei der MFO erlebte Caspar Wüst vor allem die Entwicklung der elektrischen Abteilung unter den beiden Charles Brown (Vater und Sohn) und den Bau der Aufsehen erregenden 175 km langen für 150 KW Drehstrom gebauten Kraftübertragung Laufen-Frankfurt. Die beiden Brüder Wüst arbeiteten vor allem im Bereich Starkstromtechnik.

Militärisches

Im Jahre 1878 wurde Caspar Wüst zum Artillerie-Leutnant befördert. Zum Militär hatte er ein gutes Verhältnis und er legte später als Gemeindepräsident viel Wert darauf, dass Militärangelegenheiten im Dorf untadelig erledigt wurden. Dazu hatte er einen sehr geeigneten Mitarbeiter in der Person von Gottlieb Meier. Dieser diente viele Jahre lang als Militär-Sektions-Chef der Gemeinde Seebach seit 1898. Ernst Benninger hat sich stets sehr lobend über diesen Sektionschef geäussert.

Der Unternehmer

Schon bevor er selber aktiv wurde, bedauerte er, dass die 1877 von der Nationalbahn errichtete Bahnstrecke Seebach-Wettingen und der Bahnhof Seebach so schwach benützt wurden. Sein unternehmerischer Geist wollte, dass neben den nach Örlikon ausgerichteten Arbeiterquartieren auch finanzkräftige Firmen nach Seebach kamen. Daher plante er, das nachmalige Gleisdreieck Gaussareal mit einem grossen Fabrikgebäude von 38 x 45 Metern Grösse zu überbauen, was er dann 1899 in die Tat umsetzte.

Vermutlich um 1898 beendete Caspar Wüst seine Stelle bei der MFO. In diesem Jahr veröffentlichte er ein Projekt für eine Jungfraubahn, welches mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde. Ferner reichte er ab 1899 Patente für elektrische Antriebe und Aufzüge sowie für Pfeilräder (pfeilförmig geformte Zahnräder) mit versetzten Zähnen ein. Ebenfalls 1899 gründete Caspar Wüst eine eigene Firma, welche sich anfänglich «Fabrik für elektrische Unternehmungen» und ab etwa 1900 «Fabrik für elektrische Industrie» nannte. In der neu erstellten Fabrikhalle nahm sie noch 1899 den Betrieb auf. Der volle Name der Firma wurde ergänzt durch 'C. Wüst & Co.', was andeutete dass er Teilhaber hatte.

In der Elektroindustrie herrschte nach stürmischen Anfängen von 1901 bis 1903 eine Krise, die auch das Seebacher Unternehmen schon kurz nach der Gründung zu spüren bekam. Verluste brachte auch die Entwicklung eines Versuchsmotorwagens für die Stansstaad-Engelbergbahn. Dennoch gelang es Caspar Wüst, die Firma über Wasser zu halten. 1908 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und in Wüst AG umgetauft. Als er für die Expansion ins Ausland weiteres Kapital benötigte, gelang das nur sehr bedingt. Die Expansion ins Ausland und nach Übersee war die Folge der beträchtlichen Nachfrage nach seinen Aufzügen, die trotz eher klassischer Bauweise sich durch Zuverlässigkeit und Robustheit auszeichneten. Dabei gingen der relativ kleinen Firma wohl die liquiden Mittel aus.

Weshalb das geschah, konnte die OGS aber noch nicht sicher ermitteln. Caspar Wüst war aber nicht der Typ, welcher auf den Knien zu den Banken ging, um sich für die Expansion das nötige Kapital zu sichern. Er vertraute wohl zu lange darauf, dass er die Kosten der Expansion mit den Verkäufen decken könnte. Eine Rechnung, die vermutlich nicht aufging. Rein fachlich hat er aber nie versagt. So hat er z. B. die besonderen Fähigkeiten des Max Maag bezüglich viel modernerer Produktionstechniken für Zahnradgetriebe sofort erkannt und ihn gestützt, doch die nahende Illiquidität des Betriebs zwang ihn dann, die Firma in die Hände der Schweizerischen Kreditanstalt zu legen, mit den bekannten Folgen, dass man den Max Maag gleich mit ausmanövrierte. Die Firma lebte noch bis August 1909 weiter.

Danach wurde sie von der SKA übernommen und als Aufzüge- und Räderfabrik Seebach AG (ARSAG) in geordneter Weise neu aufgebaut und rekapitalisiert, nun allerdings ohne Caspar Wüst. Das hätte die SKA sicher nicht getan, wenn diese nicht an den Erfolg der Wüst'schen Produkte geglaubt hätte. Die ARSAG blieb dann noch bis 1916 bestehen und wurde dann an die «Seebacher Maschinenbau AG» (SEMAG) weiter verkauft, allerdings ohne das Aufzügegeschäft, welches gegen Ende 1916 an die Waggonfabrik Schlieren ging.

Doch schon im August 1909 wurde Caspar Wüst quasi 'kaltgestellt' und hatte dann mit der weiteren Entwicklung der Nachfolgeunternehmen nichts mehr zu tun. Wie das im Detail ablief, lese man unter Maag, Max, Dr. h.c.. Seine Firmen wie auch die Nachfolgefirmen rühmten sich noch lange mit dem Namen des ursprünglichen Gründers Caspar Wüst. Weniger aus Ehrenrührigkeit, sondern wohl eher wegen dem guten Ruf, den die Wüst'schen Produkte in qualitativer Hinsicht genossen.

Nach seinem Ausscheiden bei der Wüst AG im Herbst 1909 gründete Caspar Wüst bald darauf die Steinfabrik an der Aspstrasse. Obwohl auch dieses Unternehmen mit einer Pionierleistung aufwartete, erlangte die Firma keine grössere Bekanntheit, war aber immerhin in der Lage, sein wirtschaftliches Überleben und dasjenige seiner Mitarbeiter sicher zu stellen.

Der Politiker

Neben seiner unternehmerischen Seite war Caspar Wüst auch ein Politiker von Schrot und Korn. Schon mit 27 Jahren wandte er sich der Politik zu, indem er 1883 gleich zum Gemeindepräsidenten von Seebach gewählt wurde und es bis 23.3.1911 blieb. Er hat es stets verstanden, seine politischen Aktivitäten auch mit den geschäftlichen zu verknüpfen, wobei bei ihm das Prinzip des gegenseitigen Nutzens galt und nicht etwa, die Gemeinde auszusaugen. Es ging ihm um die geschäftlichen Beziehungen, welche er als Gemeindepräsident viel besser pflegen konnte. Quasi zum Ausgleich hat er der Gemeinde auch einmal ausgeholfen, als das Elektrizitätswerk keinen geeigneten Standort fand. Kurzerhand stellte er ein paar leere Räume in seiner Fabrik zur Verfügung und das EWS firmierte eine Zeit lang in seinen Hallen.

Im Seebacher Bauamt liess er auch Pläne für die bauliche Zukunft Seebachs erstellen, welche recht grosszügig wirken und nur selten verwirklicht werden konnten. Einige dieser Ideen sind im Gemeindeplan von 1900 des Verschönerungsvereins Seebach noch zu erkennen. Die Bau des Trams nach Seebach unterstützte er vollumfänglich. Und die heutige Hagenholzstrasse hatte er schon 50 Jahre zuvor als Wallisellenstrasse geplant.

Caspar Wüst hatte stets ein offenes Ohr für Leute in sozialer Not und das trotz einer leeren Gemeindekasse. Kinder bekamen im Winter Schuhe, damit sie nicht frieren mussten und noch manches mehr ist überliefert.

Am 23.3.1911 trat er als Gemeindepräsident zurück. In einem Beitrag der Personalzeitung zur Geschichte der Firma L. Kissling & Co. AG im Jahre 1975 steht dort: Im Jahre 1911 entliess ihn der Bezirksrat nach 28-jährigem Dient als Gemeindepräsident. Diese Formulierung kann falsch verstanden werden, denn es sollte heissen: .... verabschiedete ihn der Bezirksrat etc. Dies deshalb, weil bekannt ist, dass Caspar Wüst sehr am Untergang der Wüst AG im August/September 1909 litt, mit der Gründung einer neuen, weniger riskanten Unternehmung stark in Anspruch genommen war und aus gesundheitlichen Gründen und auf ärztliches Anraten unbedingt kürzer treten musste. So ist es auch in einer Vereinsbroschüre zu lesen. Er gab seinen Rücktritt an einer Gemeinderatssitzung im Restaurant Seebacherhof bekannt.

Die letzten Jahre

Es bedeutete ihm sehr viel, an den Wochenenden seine Tochter zu besuchen und das Gedeihen der noch jungen Familie zu verfolgen. Dazu beschaffte er auch einen Wagen und zwar einen Hüttis & Hardebeck, den er bei Hermann Hüttis kaufte, dem Gründer der späteren SKAG. Da diese Wagen nur von 1906 bis 1907 in Aachen produziert wurden, ist noch offen, wann er mit Fahren begann. Immerhin ist der Jahrgang des Wagen klar. Im weiteren auch seine Farbe: Ultrarinblau und auch seine Leistung ist schriftlich überliefert: 24 PS. Die Foto nebenan zeigt den Wagen im Jahre 1912 bis 1914. Er soll ihn nur selten gebraucht haben, wenn er seine Tochter Martha in Winterthur besuchte, das war frühestens ab April 1912, als ihr Mann Hugo Siegfried bei Sulzer eine Stelle als Elektro-Ingenieur antrat und nach Winterthur zog. Die Besuche erfolgten meistens an den Wochenenden, wenn es schönes Wetter war. Damals hatte er erst eine Enkelin, nämlich Ilse. Ines kam erst 1921 zur Welt und sah ihren Grossvater nie, da er ja schon 1916 verstarb. Von ihrer Schwester und ihrer Mutter hörte Ines aber sehr viel über ihn.

Dank dem Ausscheiden aus dem Amt des Gemeindepräsidenten bekam er auch etwas mehr Distanz zu jenen Personen, welche in seiner Firma viel Geld verloren und ihm daher noch ein Weilchen gram waren.

Caspar Wüst erlitt 1916 auf dem Bellevueplatz in Zürich einen Schlaganfall, an welchem er verstarb. Er wurde darauf hin nach Seebach in sein Haus gebracht und dort aufgebahrt, denn als Sterbeort wurde nicht das Bellevue genannt, sondern Eggbühl in Seebach, wo er wohnte.

Dem langjährigen, weitsichtigen Seebacher Gemeindepräsident zu Ehren wurde 1957 eine neu erstellte Strasse in der Binz ganz in der Nähe der Steinfabrik nach ihm benannt.

Die eigene Familie und Privates

Caspar Wüst wohnte privat an der Zürichstrasse, doch wurde sein Haus, welches etwas zurück stand, später zur Felsenrainstrasse geschlagen, von wo aus es erreichbar war. Es bekam 1934 die neue Anschrift Felsenrainstrasse 2, Alte Assek-Nr. 239, neu 421. Es stand im Bereich des Gemeindeplatzes, später Felsenrainplatz und war ein dreistöckiges Backsteinhaus, welches er nach seiner Frau «Villa Selina» benannte. Es stand etwas schräg und zurück versetzt etwa dort, wo heute seit über 50 Jahren ein kleiner Kiosk besteht. Dieses Haus liess er selber erstellen, allerdings erst 1888-90. Er heiratete am 19.7.1883 die Seline Kunz von Seebach. Die Familie Wüst-Kunz wohnte anfänglich im Hotel Sonne, also an der späteren Hertensteinstrasse 37. Das 3. Kind (Walter) kam dann 1890 in der Neumühle zur Welt.

Kurz nach seinem Austritt aus der MFO verlor er am 9.3.1899 seine Frau Seline, geboren 1.5.1862, die schon seit einiger Zeit an einer Lungenkrankheit litt und sehr oft zur Erholung in einem Sanatorium war. Das Paar hatte insgesamt fünf Kinder, von denen aber nur zwei überlebten: Die zu jenem Zeitpunkt 15-jährige Martha (27.1.1885-1975) und der 9-jährige Walter (11.5.1890-13.6.1960). Kurz nach der Geburt gestorben ist Theodor (19.8.1888) Er kam 8 Wochen zu früh zur Welt, dann noch Werner (28.5.1893-7.12.1893) und nochmals ein Werner (27.5.1895-21.1.1896). In der Folge blieb Caspar Wüst Witwer. Haushälterinnen sowie die Tochter Martha sorgten für den Haushalt in seinem Haus.

Caspar Wüst war von jung an im Turnverein Seebach mit dabei und 1881 war er sogar Präsident des TVS und später Ehrenmitglied. Er galt auch als grosszügiger Spender des Vereins. Da der TVS ein grosser Verein war und weil man sich im gleichen Klub duzt, war er mit halb Seebach Schmollis. Er war auch Gründungsmitglied des Männerchors Seebach am 16. Januar 1875. Sein soziales Denken kam auch bei der Anzahl seiner Göttikinder treffend zum Ausdruck: Er hatte nicht weniger als 17 (!) Patenkinder. Diese sind in seiner Familienbibel alle mit Namen vermerkt. Seine Enkelin hat glücklicherweise noch einiges von der Familiengeschichte retten können. Er war der Götti von

- Oskar Vollenweider, Buhn, gestorben 1899
- Jakob Strehler, Waid, geb 26.1.1881
- Gotthilf Benninger, geb. in Seebach
- Mathilde Zimmermann, geb. in Seebach
- Gottfried Wüst von Unterstrass, geb 1891
- Caspar Erni, Eggbühl, geb. 22.1.1893
- Emma Sieber, geb. 1894, gest. 1894
- Martha Bauer, Unterstrass, geb. 1894
- Karoline Morf, Örlikon, geb. ?
- Seline Toggenburger, Opfikon, geb. 1899
- Anna Güttinger, Horgen, geb. 1900
- Hans Caspar Egli, geb. 1902
- Mathilde Sieber v. Esslingen, geb. 1903
- Clara Morgenthaler, von Seebach, geb. 1905,
- Paul Attinger, Sohn von Albert Attinger, geb. 1905
- Gottlieb Morgenthaler, Rest. Ziegelhütte, geb. 15.3.1906
- Martha (?) Schellenberg, von Seebach, geb. 1910

Auch seine Frau hatte 3 Gottenkinder. Es waren dies:

- Jakob Strehler, Waid, geboren 26.1.1881
- Hugo Germann, Frauenfeld, geb. Februar 1892
- Werner Wirth, Seebach, geboren 1896

Dass es bei ihr etwas weniger waren, lag daran, dass sie früh verstorben ist und wegen ihrer langen Krankheit daran gehindert war, sich um Gottenkinder zu kümmern.

Zum Namen Wüst

Zum Namen Wüst stellen sich einige Fragen. Bekannt ist, dass es drei Schreibvarianten seines Namens gibt und zwar Wüst (korrekte schriftdeutsche Variante) und Wüest (mundartliche Variante) sowie Wuest (so wie Caspar Wüsts Fabrik auf dem Dach eine Zeit lang angeschrieben war). Es ist fotografisch überliefert, dass Caspar Wüst seine Fabrik auf dem «Gauss-Areal» mit Wuest und nicht mit Wüst anschrieb. Auch Dr. h.c. Max Maag, welcher später die Firma Maag Zahnräder AG gründete, schreibt in seinen Memoiren, dass er bei Caspar Wuest in Seebach gearbeitet habe. Der bekannte Seebacher Chronist Reinhard Ochsner hat seinen Namen meist mit Wüest geschrieben, eine Zeit lang allerdings auch als Wuest. Im Seebacherpass von 1999 sieht man unter Kindergärten auf Seite 22 Caspar-Wüest-Strasse mit einem «üe» und zwei Bindestrichen. In der nächsten Ausgabe von 2006 kehrte man aber wieder zur offiziellen Schreibweise zurück!!

Die Strassenbenennungskommission jedoch hat die nach Caspar Wüst benannte Strasse als «Caspar-Wüst-Strasse» angeschrieben. Das heisst, sie hat den Namen des Gemeindepräsidenten posthum verhochdeutscht, könnte man meinen! Doch dem ist nicht so. Caspar Wüst hiess offiziell seit mindestens 1875 Caspar Wüst. Im Dialekt sprach man seinen Namen aber logischerweise immer als Wüescht aus. Von daher kommen die beiden Hauptvarianten seines Namens. Je nach Quelle hat man früher dem Dialekt auch in der Schriftsprache noch etwas mehr gehuldigt, darum konnte sich die mundartliche Variante sozusagen unbemerkt einschleichen und für Verwirrung sorgen. Die dritte Variante geht auf die Beschriftung seiner Fabrik zurück, wo der hilflose Konstrukteur des grossen Namenszuges nicht imstande war, zwei frei schwebende ü-Pünktchen zu installieren, sodass er mit Einwilligung des Fabrikbesitzers den Namen mit «ue» schreiben durfte.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es in der Schweiz seit 1875 nur noch in ganz begründeten Einzelfällen möglich ist, den Familiennamen oder dessen Schreibweise zu ändern. Dieses Gesetz wird ziemlich streng gehandhabt. Dieses Recht ist zudem nur dem Betreffenden selber vorbehalten.

Die Strassenbenennungskommission hat die Schreibweise somit nicht verhochdeutscht, sondern den korrekten, amtlich festgehaltenen Namen von 1875 benützt und der lautete Wüst. Dass dies wirklich so ist, belegt die Werbebroschüre, welche Caspar Wüst um 1905 veröffentliche und wo klar und eindeutig steht «Wüst A.-G.». Dieser Sachverhalt wird auch von der Enkelin (Ines Meyer) und dem Urenkel (Beat Meyer) von Caspar Wüst bestätigt. Sowohl Dr. Max Maag wie auch Reinhard Ochsner sind somit einem Irrtum aufgesessen, ausgelöst durch die Beschriftung der Fabrik.

Bei der Gelegenheit sei auch erwähnt, dass das Strassenschild 2005 nicht mehr den heutigen Rechtschreiberegeln entsprach. Es fehlte der Bindestrich zwischen Caspar und Wüst. Das Strassenschild wurde 1957 aufgestellt, als noch die alten Schreibregeln galten und da solche Schilder gut und gerne 50 Jahre halten, wäre ein Wechsel bald einmal fällig. Inzwischen wurden beide Schilder ausgetauscht, sowohl das noch gut erhaltene als auch das leicht oxidierte.

Der Name Wüst stammt aus der Frühzeit der Familiennamen und ist in Seebach bis 1420 und in Opfikon bis 1330 zurück zu verfolgen. Die Wüsts gehören somit zu jener Gruppe von Familiennamen, welche den Träger nach seinem Aussehen benannte. Der erste Träger dieses Namens dürfte daher ein eher 'wüstes' Aussehen gehabt haben, worauf auch immer sich das bezog.

Dieser Beitrag wurde am 24.1.2013 auf den aktuellen Stand gebracht und wurde von seinen Nachfahren überprüft. Bei den Fotos könnte es kleine Abweichungen gegenüber der Wirklichkeit geben, da auch die Nachfahren nicht mehr alles wussten.

Wer alle Beiträge, die Caspar Wüst direkt oder indirekt betreffen lesen möchte, findet diese wie folgt:

- Fabrik für elektrische Unternehmungen
- Aufzüge- und Räder-Fabrik Seebach
- Maschinenbau AG
- Albert Glutz & Co.
- L. Kissling & Co. AG
- Steinfabrik Caspar Wüst
- Wüst AG
- Villa Selina
- Hugo Siegfried
- Waid

Selbstverständlich findet man Informationen über Caspar Wüst in zahlreichen weiteren Beiträgen in der OGS. Wer nach ihm forschen will, suche mit der Eingabe 'Caspar Wüst'. Es sind über 20 Beitrage, in welchen sein Name auftaucht und es werden laufend mehr!

Die Fotos nebenan sind als Startbukett zu verstehen. Die OGS wird versuchen, noch weitere Fotos aus dem grossen Fotoalbum von Caspar Wüst zu kopieren, doch ist das zeitaufwändig, denn es muss vor Ort geschehen, bei Zeit und Gelegenheit. Um etwas Geduld wird noch gebeten.

Epilog

Zieht man Bilanz aus seinem Leben, stellt man fest, dass er mit sehr vielen harten Schicksalsschlägen bedacht wurde: Er verlor beide Brüder kurz hintereinander 1893/94 und 1897. Er verlor drei seiner Kinder im ersten Lebensjahr (1888, 1893, 1896). Seine Frau wurde schon in jungen Jahren lungenkrank und verstarb mit erst 37 Jahren 1899. Er verlor seine Firma durch äussere Einflüsse und damit einen beträchtlichen Teil seines Vermögens (1909). Unter diesen Umständen ist sein Schlaganfall im 60. Lebensjahr schon fast verständlich. Seine Hinterlassenschaft wurde versteigert (Steinfabrik, Villa Selina, Auto etc.) und auf die beiden überlebenden Kinder Martha und Walter verteilt. Er war ein Mann der Tat und und finanzierte fast alles selbst oder mit Compagnons oder über die Ausgabe von Aktien. Er hatte keine Beziehungen zum Grosskapital, was zur Folge hatte, dass er bei wirtschaftlichen Flauten und grösseren Investitionen rasch in finanzielle Bedrängnis kam, trotz Einsatz seiner privaten Geldmittel.

Geschichte schrieb er mit dem Bürgenstocklift und seiner 27-jährigen Zeit als Gemeindepräsident.

Quellen:
- Seebacher Nachrichten Januar 1954
- OGS-eigene
- Wüst AG (Broschüre)
- Beitrag über Caspar Wüst in der Personalzeitung der L. Kissling & Co. AG, im Jahre 1975
- Ines Meyer, Enkelin von Caspar Wüst und ihr Sohn Beat Meyer (Familiengeschichte, Fotos)
- ZKB-Büchlein, «Zürcher Familiennamen», 1994, Seite 182

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