Nähatelier (1880). Frohbühlstrasse 30. Die Frau des dortigen Bauern Felix Meier, betrieb ab etwa dem Jahr 1880 ein Nähtelier und beschäftigte zeitweise bis zu drei Lehrmädchen. Sie war gelernte Weissnäherin. Sie unterbrach ihre Nähtätigkeit mit der Heirat im Jahre 1849. Nachdem dann ihre Kinder grösser waren, zog sie die Arbeit im Nähstübli jener auf dem Felde vor. Dafür mussten dann ihre beiden Töchter Elise und Berti häufiger aufs Feld, wobei Elise es verstand, durch Schlaumeierei (ausgerechnet dann Kopfweh zu haben, wenn dreckige Arbeiten anstanden), sich schonen zu dürfen, das heisst Stickarbeiten zu verrichten, statt auf dem dreckigen Mistwagen zu sitzen.
Margareta Meier hatte zum Teil auch sehr noble Kundschaft und zwar aus Zürich-Enge. Das waren die Seidenfabrikanten Fierz, Spörri & Baumann, ferner die Patrizierfamilien Escher, Pestalozzi, Maggi, Bodmer und Wesendonk (!). Die einfachen Näherinnen staunten dann nicht schlecht, wenn sie deren Töchter wegen der Aussteuer besuchen mussten und sahen, wie man dort lebte und die Pracht der Villen sahen. Da es um 1880 noch kein Tram, kein Auto, keine Eisenbahn gab, um nach der Enge zu gelangen, galt es, diese Besuche zu Fuss zu erledigen!!! Bei jedem Wetter, im Sommer wie im Winter, bei Regen und Schnee.
Gearbeitet wurde im Nähatelier von morgens um 7 bis abends um 6 Uhr. Wenn es im Winter viel Schnee gab, dann nahm ihr Mann, Felix Meier, bei Bedarf seine Frau auf den Rücken und trug sie bis zur Hauptstrasse, also bis zur alten Birchstrasse, wo er sie dann ablud, da hier schon vor einer Stunde die Färbereiarbeiter von Kloten vorbei kamen und Spuren in den Schnee getreten hatten. In welcher Färberei sie arbeiteten ist nicht bekannt, es gab damals die Seidenfärberei Blatter im Zürichhorn und die Färberei Dr. Cäser Schöller beim Escher-Wyss-Platz. So kam die Näherin dann im Laufe von 2,5 Stunden Fussweg zur Enge, um bei der Kundschaft ihre Arbeit ab zu holen.
Im Sommer war es nicht viel besser, denn dann musste sie oftmals vor dem Kundenbesuch die nassen oder die staubigen Kleider wechseln, weil es damals noch kaum die Möglichkeit gab, bei Gewittern unter zu stehen. Abends holte sie ihr Mann oft ab, wobei sie ihn singend schon von weitem hörte und dann in den Gesang einstimmte, um ihm die Freude nicht zu nehmen.
Zu Hause angekommen, musste dann die Arbeit der Lehrmädchen nachgesehen werden. Da musste sie auch oft etwas wieder auftrennen, was falsch genäht wurde. Das alles bei Kerzenlicht oder gefährlichen Petrollampen. Einmal entstand ein Brand und Felix Meier war zum Glück rasch zugegen und konnte die brennende Lampe durchs Fenster in den Schnee werfen und Unheil verhindern.
Am liebsten ging Margareta Meier in die Villa Wesendonk, heute das Museum Rieter. Dort musste sie für Frau Mathilde Wesendonk eine Aussteuer nähen und zwar eine, die sich gewaschen hatte: 60 - 80 Leintücher, 30 Bettanzüge, 50 Hemden und ebenso viele Hosen, 20 Bettjacken (Pyjamas gab es noch nicht), alle reich bestickt und dazu jeweils das passende Betthäubchen, ferner einige Dutzend Taschentücher mit verzierten Monogrammen. Und nicht zuletzt einen Haufen Küchenwäsche. Alles von Hand genäht, denn Nähmaschinen gab es um 1880 noch nicht!